WappenManfred Ebener:
Lexikon Geschichte
Baden+Württembergs u.a.:
Bauernkrieg 1524/1525

Link zur Startseite: Startseite mit Übersicht über die ca. 60 anderen längeren Geschichts-Artikel dieses Lexikons
Links zu den Lexikon- Buchstaben:
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S Sch T U V W Z

Bauernkrieg 1524/1525 in Südwestdeutschland: 

Überblick über den Artikel:

1. Einleitung zum Bauernkrieg von 1524/1525
2. Hinter - Gründe für den Bauernaufstand
3. Warum Zentrum des Aufstands in Südwestdeutschland?
4. Ziele und Forderungen der Bauern: Die "Zwölf Artikel"
5. Bilder zum deutschen Bauernkrieg

6. Verlauf des Bauernkrieges
7. Karte zu Schwerpunkten und Verlauf des Bauernkriegs
8. Folgen des Bauernkriegs
9. Historiker zum Bauernkrieg - Literaturhinweise
10. Weitere Web-Informationen


[Bild (Briefmarke DDR, 1975): 450. Jahrestag des Deutschen Bauernkrieges: Bauernkrieg

Bewaffnete Bauern, Versammlung der Bauernhaufen in Oberschwaben

(Titelblatt der Bundesordnung der Christlichen Vereinigung Oberschwabens, Augsburger Druck, 1525)]

[Ausschnitt aus dem Briefmarken- Block mit Bildern zum deutschen Bauernkrieg unten auf dieser Seite.]

1. Einleitung zum Bauernkrieg von 1524/1525

Der große Bauernkrieg von 1524/1525 hatte, nach den Vorläufern des Bundschuh und des Armen Konrad, sein Zentrum in Südwestdeutschland (siehe unten die Karte zum Bauernkrieg), auch wenn größere Aufstände im Elsass, in Österreich, in der Schweiz, in der Pfalz und in Thüringen damit verbunden waren.
Der Aufstand der Bauern gegen Unrecht und Unterdrückung ist ein zentrales Großereignis der deutschen Geschichte. Es ist die größte Massenerhebung in der deutschen Geschichte (an der weit über 100.000 Aufständische beteiligt waren); und es ist eine der wenigen Freiheits- Volksbewegungen in der deutschen Geschichte. Auch wenn die Revolution von 1525 mit ihren Zielen einer gemäßigten oder radikalen Veränderung der Gesellschaft gescheitert ist; - man kann sie in ihrer Bedeutung durchaus mit der Französischen Revolution von 1789 vergleichen.

Die Bezeichnung "Bauernkrieg" oder "Bauernaufstand" ist übrigens nicht ganz zutreffend: wohl standen auf der einen Seite vor allem Bauern (etwa 80 % der Bevölkerung lebten damals auf dem Land und waren in der Landwirtschaft tätig); aber auf Seiten der Bauern kämpften auch Bergknappen, manche Handwerker und Bürger einiger Städte, auch einzelne Geistliche und Ritter (wie Florian Geyer und Götz von Berlichingen). Darum spricht P. Blickle statt vom Bauernaufstand von der "Revolution des Gemeinen Mannes". - Der Gemeine Mann kämpfte gegen die verschiedenen Herrschaften: die Grundbesitzer, die Adligen, die Ritter in ihren Burgen, und auch gegen die Klöster, denen viele Dörfer und Ländereien gehörten.



2. Hinter- Gründe für den Bauernaufstand

Dass es 1524 zum revolutionären Aufstand in Südwestdeutschland kam hat vor allem mit 3 Entwicklungen zu tun: mit
- der Situation der Bauern und anderer Abhängiger;
- der Situation der Grundherren im Land; und
- der Freiheitsbotschaft der Reformatoren.

Zur Situation der Bauern um 1525:

In den Dörfern lebten Bauern mit sehr unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Situationen: Großbauern und Kleinbauern (durch die Realteilung waren die Bauernhöfe im Südwesten eher klein), freie Bauern und Leibeigene, auch die Knechte und Tagelöhner. Fast alle waren im Feudalsystem abhängig von Herrschaften denen sie Abgaben und evtl. Frondienste leisten mussten und die auf viele Weisen das Leben der Bauern bestimmten.
Wirtschaftlich ging es den Bauern um 1520 nicht so elend wie es manche Holzschnitte aus jener Zeit zeigen. Die wirtschaftliche Situation war sogar relativ gut. Am Beispiel des Getreideanbaus lässt sich das verdeutlichen: Nach den katastrophalen landwirtschaftlichen Krisenzeiten um 1320 erholte sich die Gesamtwirtschaft, die Nachfrage nach Lebensmitteln stieg, damit stiegen auch die Getreidepreise, und die Bauern profitierten vor allem davon. Viele Bauern waren relativ wohlhabend geworden.
Ein politisches Bewußtsein entstand durch die Entwicklung der Dörfer. Die Bauern lebten schon seit vielen Jahrzehnten weniger auf Einzelhöfen, sondern in Dörfern, in denen sie ihre Arbeit gemeinsam organisierten und eine - wenn auch noch relative - Selbstverwaltung praktizierten.- Ohne dieses gemeinsame Bewußtsein in den Dörfern wäre keine Bildung der aufständischen Bauernhaufen möglich gewesen.

Zur Situation der Grundherren um 1525:

Die Situation der Grundherren, vor allem der kleineren Herren, ist um 1525 nicht so glänzend wie sie in früheren Jahrhunderten war. Der Besitz der Ländereien reicht nicht zum Reichtum; die neuen Reichen, die auch genug Geld haben, sind die großen und kleinen Kaufleute; die kleinen Adligen sind von relativer Verarmung bedroht. Nicht zufällig werden manche Ritter zu Raubrittern die durch Überfälle auf die Kaufleute, die "Pfeffersäcke", wieder reich werden wollen.
In dieser Situation sollen die Bauern den Reichtum der Herren erhalten. Den Bauern werden immer neue Abgaben abgepresst und die Leibeigenschaft, die schon weit zurückgetreten war, wird reaktiviert.

Zusammenfassung zu den Hintergründen des Bauernkrieges:

"Durch sicheren Absatz ihrer Produkte relativ wohlhabend und infolge der Landsknechtstaktik wieder wehrhaft und selbstbewußt geworden, wehren sich die Bauern... gegen den Geld- und Frondruck verarmter Grundherren. Das römische Recht beschränkt ferner ihre Allmenderechte, ihre persönliche Freiheit und Selbstverwaltung... Unter Berufung auf die Bibel, auf das göttliche Naturrecht und auf die ... Schrift Luthers 'Von der Freiheit eines Christenmenschen' fordern die Bauern Aufhebung der Standesunterschiede und der Frondienste." (dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Band 1, zum großen Bauernkrieg 1525.)

Einzelheiten über die Situation und Unterdrückung der Bauern lassen sich aus den Forderungen in den "Zwölf Artikeln" erschließen.

3. Warum war das Zentrum des Bauernaufstandes gerade in Südwestdeutschland ?

Der Bauernkrieg hat seinen Anfang und Schwerpunkt vor allem in Südwestdeutschland gehabt; in vielen anderen Gebieten in Deutschland gab es 1525 keinen Bauernkrieg, z.B. nicht in Bayern, in Norddeutschland, im Rheinland. Womit könnte das zusammenhängen?

- Es wäre sicher unzutreffend den Schwaben oder den Badenern ein besonders revolutionäres Gen zu unterstellen. (Auch wenn es schon auffällig ist dass die nächste Revolution in Deutschland, die Revolution von 1848, wieder einen Schwerpunkt in Baden hatte.)

- Eine wichtige Rolle spielte sicher dass Südwestdeutschland damals von extrem vielen kleineren Herrschaften besessen war: Geistlichen Gebieten, kleinen Fürstentümern, Grafschaften, Ritterschaften. Sie waren besonders von Verarmung bedroht und reagierten mit besonders drakonischen Einschränkungen an die Bauern. Und: Es gab in Südwestdeutschland zunächst keine Zentralgewalt (wie etwa in Bayern) die eine einheitliche Rechtssprechung und ein einheitliches Vorgehen geregelt hätte.

- Die Nähe zur Schweiz, zur Eidgenossenschaft, könnte auch eine wichtige Rolle beim Beginn des Bauernaufstandes in Südbaden gespielt haben. Die Schweiz war ein Modell für die Herrschaft des Gemeinen Mannes, für die Abschaffung der Großen Herren und der Adligen.
Und: der Schweizer Reformator Huldrych Zwingli stand dem Aufstand der Bauern viel aufgeschlossener gegenüber als etwa Martin Luther mit seiner grausamen Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" von 1525.

- Für die Bildung der"Bauernhaufen" in Südwestdeutschland, auch ihren bewaffneten Widerstand, dürfte -so Gunter Franz - eine wichtige Rolle gespielt haben, dass das Aufstandsgebiet weitgehend mit dem Rekrutierungsbereich für Landsknechtssöldner identisch war: Viele der Bauern, die sich in den Haufen sammelten, waren früher schon eine Zeit lang als Landsknechte angeworben gewesen, hatten schon eigene Kriegserfahrungen. 
(Aus den Landsknechtserfahrungen ist u.a. auch die Bewaffnung der Bauern erklärbar: Die Bauernhaufen gingen keineswegs nur mit Dreschflegeln und Sensen bewaffnet in die Kämpfe, sondern teilweise gut bewaffnet, mit Spießen und Harnisch und Gewehren, später sogar unterstützt durch Geschütze aus einigen der übergelaufenen Städte. Allerdings hatten die Bauern keine bewaffnete Reiterei, und das wurde in den Entscheidungsschlachten ein großer Nachteil.)



4. Forderungen und Ziele der Bauernbewegung: Die "Zwölf Artikel"

Im Februar 1525 erschienen in Memmingen "Die grundtlichen und rechten haupt Artickel aller baurschafft und hindersessen der Geistlichen und Weltlichen oberkeyten vonn welchen sye sich beschwert vermeinen." Sie werden meist "Zwölf Artikel" genannt. Verfasst wurden sie von dem in Horb am Neckar geborenen Memminger Kürschnermeister und Feldschreiber des Baltringer Haufens, Sebastian Lotzer, unterstützt von dem Zwinglisch gesonnenen Prediger Christoph Schappeler. In diesen Zwölf Artikeln, einem frühen Dokument der Demokratie und Menschenrechte, werden die Forderungen der Bauern zusammengefasst und als Forderungen aus dem Evangelium begründet:

- Die Gemeinden sollen Gewalt und Macht haben, einen Pfarrer selbst zu erwählen und prüfen, auch darauf, ob er dem Evangelium gemäß predigt und handelt;
- Ablehnung neuer Abgaben für die Herrschaften;
- Abschaffung der Leibeigenschaft der Bauern;
- Freiheit der Jagd und des Fischfangs;
- Freie Holznutzung für alle;
- Abschaffung der neuen Frondienste;
- Keine unrechtmäßige Belastung durch die Herrschaften;
- Keine unerträglichen Zinsen auf die Ländereien;
- Garantie einer gerechten Behandlung vor Gericht, nicht nach Willkür oder Gunst;
- Keine willkürlichen Gesetze nach "neuem Recht", sondern Gültigkeit des alten Rechts;
- Wiesen und Äcker der Gemeinden sollen Gemeingut bleiben;
- Im Todfall soll ein Gut nicht an die Herrschaft fallen, sondern den Witwen und Waisen erhalten bleiben.

Diese Zwölf Artikel werden als Manifest der Bauernbewegung durch Beschluss durch Delegierte des Allgäuer Haufens, des Baltringer Haufens und des Bodenseehaufens im März 1525 in Memmingen angenommen.

Die Zwölf Artikel stellen einen pragmatischen Minimalkonsens für die Forderungen der Bauern dar. Sie stellen die Gesellschaftsordnung noch nicht grundsätzlich in Frage; die Herren könnten die Herren bleiben, wenn sie nur nicht dauernd neue Ungerechtigkeiten erfänden.

Aber die Forderung nach der Freiheit der Bauern, die auch noch mehr ist als die Abschaffung der Leibeigenschaft, tendierte zu einer Aufhebung der Herrschaft der Grundbesitzer, der Adligen, der Ritter und der Kleriker. Und als politische Vision erschien am Horizont ein republikanisches Gemeinwesen, bei dem die Macht vom Volk, vom "Gemeinen Mann" ausgeht und das sich zunächst in den Dörfern und in den Städten organisieren könnte. (Die Schweizer Eidgenossenschaft konnte hier als Vorbild dienen.) 
Ein gemeinsamer Entwurf einer neuen Gesellschaftsordnung bestand nicht. (Am weitesten entwickelt wurde sie von Michael Gaismair in der Zweiten Tiroler Landesordnung von 1526.)

5. Bilder zum Bauernkrieg
[Bild (Briefmarken-Block DDR, 1975): 450. Jahrestag des Deutschen Bauernkrieges 1525: Holzschnitte aus dem 16. Jhdt. mit Bildern von Bauern in verschiedenen Situationen
- Bauern bei der Fronarbeit (5-er Marke), 
- Bauern bei der Abgabe des Zehnten (10-er-Marke),
- Bild von Thomas Müntzer, dem "Theologen der Revolution" (15-er-Marke),
- Bewaffnete Bauern, Versammlung der Bauernhaufen in Oberschwaben (25-er-Marke; Titelblatt der Bundesordnung der Christlichen Vereinigung Oberschwabens, Augsburger Druck, 1525),
- revolutionärer Bauer mit Freiheitsfahne, im Hintergrund eine Burg (35-er-Marke; Holzschnitt aus Thomas Murners Schrift "Von dem Großen lutherischen Narren", Straßburg 1522),
- Bauern vor Gericht (50-er Marke).
- Titelblatt der "Zwölf Artikel", die die Forderungen der Bauern enthalten: "Die grundtlichen und rechten haupt Artickel aller baurschafft und hindersessen der Geistlichen und Weltlichen oberkeyten vonn welchen sye sich beschwert vermeinen." (Text im Zierfeld des Blocks)]
[Entwurf der Briefmarken und des Briefmarkenblocks: Müller]

Bauernkrieg
zurück zur Seite "Kunstgeschichte2"

6. Daten zum Verlauf des Bauernkriegs 1524/1525

Vorläufer des Bauernkriegs, Unruhen bis 1524:

Im 15.Jahrhundert gab es eine ganze Reihe regionale Bauernaufstände im Reich, aber auch in der Schweiz, in Tirol, in England.
Besonders bekannt geworden sind 3 Gruppen von Aufständen:

1476: Sozial-revolutionäre Predigten des "Pfeifers von Niklashausen" (in Niklashausen, einem Ort an der Tauber zwischen Tauberbischofsheim und Wertheim am Main)

1493ff: Bundschuh-Aufstände in Schlettstadt (Elsass) gegen den Straßburger Bischof; 1502 von Untergrombach (Bruchsal) aus im Fürstbistum Speyer; 1517 am Oberrhein um Freiburg. Die meisten Bundschuh-Aufstände wurden von Joos Fritz organisiert. Alle Aufstände scheitern, meist durch Verrat.

1514: Aufstand des "Armen Konrad" im Remstal u.a. in Wirtemberg; der Aufstand wird niedergeschlagen durch Herzog Ulrich und die Landstände.

Der Bauernkrieg von 1524ff läßt sich (mit Peter Blickle) in 4 Phasen beschreiben:



I. Phase: Sommer 1524 bis Weihnachten 1524:
Beginn des Aufstands im Südschwarzwald

1524: Sommer: Am Anfang stand die Unruhe der Stühlinger Bauern am Hochrhein um Stühlingen gegen die Lupfener Herrschaft. Als Auslöser für die Unruhe wird von mehreren oberdeutschen Chronisten berichtet: die Frau des Grafen von Lupfen habe den Bauern in der Landgrafschaft Stühlingen mitten in der Erntezeit befohlen, Schneckenhäuschen zu sammeln um darauf ihr Garn zu wickeln. Auch wenn das nicht die historische Wahrheit sein sollte, so ist es doch eine einprägsame Metapher für die Schikanen der Herrschaften gegenüber den Bauern. 
Am 23. Juni 1524 wird ein Haufen der Stühlinger Bauern gebildet der die Forderung nach Abschaffung der ungerechten Frondienste u.a. erhebt; 800 Mann der Stühlinger Bauern ziehen nach Waldshut um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Die Bauernhaufen bilden sich fast spontan, nicht gelenkt von einem Führer: Die Bauern einzelner Dörfer schließen sich zusammen, ziehen zu anderen Gemeinden, wo sich weitere Bauern anschließen. So entstehen die "Haufen" der Bauern, die sich dann nach dem Vorbild der Landsknechtsheere organisieren. Kriegsräte und Hauptleute werden von den Bauern gewählt. So wird der Stühlinger Haufen geführt von dem ehemaligen Landsknecht Hans Müller von Bulgenbach.

Thomas Müntzer taucht 1524 in Waldshut auf und bleibt 8 Wochen in Grießen/ Hegau bei Waldshut, ohne großen Einfluss auf die aufständischen Bauern. Er hatte Kontakt zu Balthasar Hubmaier in Waldshut, einem der Vordenker der Bauernbewegung..

Organisation weiterer Bauernhaufen in der Region und weitere Aktionen: Aktionen gegen das Kloster St. Blasien, gegen die vorderösterreichische Herrschaft im Hegau, gegen die Stadt Villingen, gegen die Grafen von Sulz u.a.

Die Stühlinger Haufen lösen sich auf als ein Schiedsgericht zugesagt wurde zur Entscheidung der strittigen Fragen. (Das Gericht kam nie zustande.)



II. Phase: Januar 1525 bis Ostern 1525:
Bildung der Haufen in Oberschwaben; Programm und Verträge

Ab Januar 1525: Bildung von Bauernhaufen in Oberschwaben und am Bodensee:
- Allgäuer Haufen, um Kempten, mit dem Bleichknecht Jörg Schmidt;
- Baltringer Haufen, mit dem Schmied Ulrich Schmid;
- Seehaufen, mit Jakob Hompis und Dietrich Hurlewagen.

14.2.1525: Gründung eines Bauernbundes in Sonthofen im Allgäu, der sich später "Christliche Vereinigung Oberschwabens" nannte.

März 1525: Beschluss der "Zwölf Artikel" durch Delegierte des Allgäuer Haufens, des Baltringer Haufens und des Bodenseehaufens in Memmingen.

bis Ende März 1525: Da die angekündigten Verhandlungen sich in die Länge ziehen radikalisieren sich die Bauernhaufen: Kämpfe der Oberschwäbischen Bauernhaufen; Einnahme von ca. 50 Schlössern und Klöstern.

Ostern 1525: "Weingarter Vertrag" als letzter Verhandlungsversuch zwischen den 12.000 Bauernsoldaten der Oberschwäbischen Haufen und den Truppen des Schwäbischen Bundes unter Georg Truchsess von Waldburg
Daraufhin erst einmal Beendigung der Kampfhandlungen in Oberschwaben. Und: Zeitgewinn für die Truppen des Schwäbischen Bundes, was Georg Truchsess von Waldburg zum Anwerben weiterer Landsknechte nutzte.

Frühjahr 1525: Durch Herzog Ulrich gibt es ein sehr merkwürdiges Intermezzo im Bauernkrieg: Herzog Ulrich (der 1514 den Bauernaufstand des Armen Konrad im Remstal blutig beendet hatte und der 1519 Wirtemberg hatte verlassen müssen und nach Mömpelgared gegangen war) hatte sich die Feste Hohentwiel gekauft als Einfallstor zur Wiedereroberung seines Landes Wirtemberg. Er konspiriert jetzt mit den Bauern, wirft auch eigene Söldner auf ihrer Seite mit in die Schlacht, und gelangt kurzfristig bis Stuttgart. Doch dann muss er die Söldner zurückziehen, und sein Versuch der Rückeroberung des Landes ist gescheitert. Die Sache der Bauern hatte ihn sowieso nur als Mittel zum Zweck interessiert.



Fortsetzung der Daten zum Verlauf: s. rechte Spalte:

III. Phase: April 1525 bis Juli 1525:
Mord und Gewalt; Vernichtung der Bauernhaufen

6. Daten zum Verlauf des Bauernkriegs, Fortsetzung
.
III. Phase: April 1525 bis Juli 1525:
Mord und Gewalt; Vernichtung der Bauernhaufen

März/April 1525: Ausweitung des Aufstands auf Wirtemberg, Franken u.a.: Bildung weiterer Bauernheere:
- Taubertaler Haufen, mit Jakob Kohl und dem Fränkischen Reichsritter Florian Geyer (die sich am 27.4. eine Feldordnung, die Ochsenfurter Ordnung, gaben);
- Odenwälder Haufen mit dem Gastwirt Georg Metzler und Wendel Hipler;
- Neckartaler Haufen mit Jäcklin Rohrbach.

Dabei sollten die Forderungen der Zwölf Artikel durchgesetzt werden, wenn nötig mit Gewalt. 
Es gab besonnene Bauernführer (wie Matern Feuerbacher im Bottwartal und Wendel Hipler). Und es gab auch auf Seiten der Bauern zunehmende Radikalisierung und Brutalisierung.

Thomas MüntzerAusweitung des Bauernkriegs auf  Thüringen unter Führung des Pfarrers Thomas Müntzers von Mühlhausen aus.

[Bild (Marke DDR, 1953): Thomas Müntzer, im Hintergrund Szene vom Bauernaufstand 1525]
[Entwurf der Briefmarke: Eigler und Bade]

16. 4.1525: "Blutiger Ostersonntag": Einnahme von Stadt und Burg Weinsberg durch 6000 Bauern des Neckartal- und Odenwälder Haufens, nachdem der Obervogt Weinsbergs, Graf von Helfenstein (der ein Schwiegersohn des Kaisers Maximilian war), die Annahme der 12 Artikel verächtlich abgelehnt hatte. Grausame Ermordung des Vogts und der adligen Besatzung der Burg Weibertreu "durch die Spieße" einiger Bauern unter dem gefürchteten Jäcklin Rohrbach. 
(Für diese Taten wurden sofort danach Jäcklin Rohrbach und seine Anhänger aus den Bauernhaufen ausgeschlossen.)

Erschreckt durch diese blutigen Ereignisse gaben viele Städte und Burgen der Forderung der Bauern nach (z.B. Heilbronn).
Überall wurden nun Burgen, Klöster und Schlösser eingenommen und oft auch geplündert und zerstört (etwa die Burg Hohenstaufen und die Teck).

Nach der Einnahme von Weinsberg - und angesichts der drohend heranziehenden Söldnerheere des schwäbischen Bundes unter Georg Truchsess von Waldburg - wird der Ritter Götz von Berlichingen für kurze Zeit zum Führer des Neckartal- Odenwälder Bauernhaufens. (Nach Berlichingens Memoiren wurde er dazu gezwungen; diese Version hat auch Goethe in seinem Schauspiel "Götz von Berlichingen" übernommen.)

Mai 1525: Luther, der sich Anfang 1525 in der Schrift "Ermahnungen zum Frieden auf die 12 Artikel der Bauernschaft in Schwaben " an Fürsten und Bauern gewandt hatte, schreibt nun auch unter dem Eindruck des Weinsberger Blutsonntags "Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern", einen harten Aufruf an die Fürsten zur Vernichtung der Bauern aus Sorge um die von Gott eingesetzte Obrigkeit, der man zu gehorchen hat.

12.5.1525: In der Schlacht bei Böblingen werden die Bauern durch das militärisch (vor allem durch die Kavallerie) weit überlegene Söldnerheer des Schwäbischen Bundes unter Georg Truchsess von Waldburg ("Bauernjörg") vernichtend geschlagen. Auf Seiten der Bauernheere werden zwischen 2000 und 9000 Mann getötet oder in die Flucht geschlagen. Auf Seiten des Landsknechtsheeres soll es nur 15 - 40 Tote oder Verwundete gegeben haben.
Im Bauernkriegsmuseum in Böblingen ist die Schlacht in einem Zinnfigurendiorama nachgestellt.
Söldner in der Schlacht bei BöblingenBauern in der Schlacht bei Böblingen
 
 
 
 
 
 

[Bilder (Fotos Löblein): Ausschnitte aus dem Zinnfigurendiorama im Bauernkriegsmuseum in Böblingen: rechts die Bauern, links die berittenen Söldnertruppen des schwäbischen Bundes]

Die Schlacht bei Böblingen (wobei deutlich wird, dass "Schlacht" mit "schlachten" verwandt ist) ist ein Symbol für die militärische Überlegenheit und für die Grausamkeit der Söldner des Schwäbischen Bundes; - so wie Weinsberg Symbol für die radikalisierten und brutalen Bauernheere wurde.

Tübke15.5.1525: In der Schlacht bei Frankenhausen (in Thüringen) wird Thomas Müntzer und der Bauernaufstand in Thüringen geschlagen von den vereinigten Heeren Herzog Georgs von Sachsen und Landgraf Philipps von Hessen..

[Bild (Marke DDR, 1989): Thomas-Müntzer-Ehrung der DDR 1989: Detail aus dem Monumentalgemälde von Werner Tübke im Panoramamuseum "Frühbürgerliche Revolution in Deutschland" bei Bad Frankenhausen. - Der Gemäldeausschnitt zeigt die Schlacht bei Frankenhausen, in der Mitte Thomas Müntzer, der die Fahne schon hat sinken lassen, hinter ihm marschiert mit dem Dudelsack der Tod]
[Entwurf der Briefmarke: Schmidt]

2.6.1525: In der Schlacht bei Königshofen (heute Lauda- Königshofen) werden am Turmberg vom Truchsess von Waldburg und seinen Söldnerheeren die Neckartal- Odenwälder Bauernhaufen vernichtend geschlagen; 7.000 Tote auf Seiten der Bauern werden hier geschätzt.
(Götz von Berlichingen hatte sich vorher schon abgesetzt.)

4.6.1525: Der Taubertaler Haufen wird bei Ingolstadt (zwischen Würzburg und Ochsenfurt) geschlagen. - Florian Geyer, der nicht an der Schlacht seiner Truppe teilgenommen hatte, wurde auf der Flucht erschlagen; er starb am 9.6.1525 bei Rimpar (in der Nähe von Würzburg).

23./24.6.1525: In der Schlacht bei Pfeddersheim werden die Pfälzer Bauern geschlagen.

Juli 1525: Sämtliche Bauernhaufen sind, vor allem durch den Truchsess von Waldburg, geschlagen und aufgelöst. Der Sieg des schwäbischen Bundes ist total, die Niederlage der Bauern ebenso.

Auf Seiten der Bauern wurden bei dem Schlachten etwa 100.000 Mann getötet. Wer entkommen konnte und zu seinem Hof oder Dorf fliehen konnte musste zur Strafe erhebliche Geldleistungen bringen.



IV. Phase: Sommer 1525 bis 1526:
Weitere Aufstände im Salzburgischen und in Tirol

1526: Im Salzburgischen geht der Aufstand der Bauern erst 1526 zu Ende (z.B. in Schladming).

7. Karte IV-1: Bauernkrieg, Bauernaufstand 1524/1525: 
Schwerpunkte und Verlauf des großen Bauernkriegs in Südwestdeutschland, Hessen, Thüringen, Elsass, Schweiz, Tirol und Salzburg.

(Karte nach Putzgers Historischem Weltatlas, Auflage 1992, Cornelsen-Verlag)
Karte zum Bauernkrieg


zurück zu den anderen Karten im Lexikon
8. Einige Folgen des Bauernkriegs:

Die große Zahl der getöteten Bauern (etwa 100.000 werden geschätzt; dazu wurden auch in grausamen Strafaktionen Sympathisanten der Bauern getötet, so z.B. der Maler Jerg Ratgeb, der 1525 in Pforzheim gefangen und zur Strafe gevierteilt wurde) brachte unendliches Leid für viele Familien, Bauernhöfe und Dörfer.
Die Bauern, die dem Schlachten entfliehen konnten, mussten erhebliche Strafabgaben leisten. Die wirtschaftliche Lage der Bauern verschlechterte sich dadurch erst einmal erheblich.  - Auf längere Sicht veränderte sich die wirtschaftliche Situation der Bauern allerdings kaum, weder zum Schlechten noch zum Guten.

Die Bemühungen, die Benachteiligung der Bauern und die Standesunterschiede zu überwinden, waren gescheitert. Die Forderungen der Zwölf Artikel wurden nicht durchgesetzt. Die Bauern blieben für Jahrhunderte abhängig von den Herren, seien es nun Grafen oder Fürsten oder Klosterherren; sie blieben quasi Leibeigene. Die Agrarverfassung versteinerte.

Als politische Kraft scheiden die Bauern in Südwestdeutschland für lange Zeit aus. Weder eine stärkere Mitbestimmung in den Dörfern noch die Mitwirkung in der Landschaft war ihnen möglich. (Erst im 18. Jahrhundert gibt es hier Veränderungen.)

[Manche Historiker sehen die Folgen des Bauernkrieges keineswegs so negativ wie es hier - nach dem Bauernkriegsforscher Gunter Franz - formuliert ist. Peter Blickle z.B. weist darauf hin dass der Bauernkrieg in einigen Bereichen durchaus erfolgreich war, auch wenn er nicht zu einer grundlegenden Revolution der Gesellschaft geführt hatte: In manchen Abmachungen der Herrschaften mit den Bauern nach dem Bauernkrieg waren auch mäßigende Tendenzen wirksam, in denen wenigstens einzelne Forderungen der Bauern erfüllt wurden.]

Auch im Blick auf die Reformation hatte der Bauernkrieg einschneidende Folgen: 
Die klare Parteinahme Luthers für die Fürsten und gegen die Bauern entfremdete die Bauern der Reformation, so die Interpretation von Gunter Franz. [Auch dies wird heute differenzierter gesehen: Es lässt sich nicht nachweisen dass die Bauern nach 1525 der Reformation besonders ablehnend gegenüberstanden.]

Die religiöse Volksbewegung der Reformation wurde zu einer von der Obrigkeit, den Fürsten, getragenen politischen Bewegung.
Gestärkt durch Luthers Lehre von Gehorsam gegen die Obrigkeit wird der Fürstenstaat durch seinen Sieg bestimmende Macht der Neuzeit.

Nicht vergessen werden dürfen auch die Folgen des Bauernkrieges für die vielen zerstörten Klöster, Burgen und Schlösser. Etwa 1000 wurden 1524/1525 geplündert und zerstört. Die meisten Klöster wurden bald wieder aufgebaut, natürlich auch durch Frondieste der Bauern. Anders sieht es bei den Burgen aus. Die Burg Teck und die Burg Hohenstaufen z.B. blieben Ruinen. Es lohnte sich nicht mehr sie aufzubauen, denn die Zeit der Burgen (als Militärbastion und als Wohnung) war sowieso vorbei. So wurden z.B. die Steine der Ruine Hohenstaufen auf Wunsch der Herzöge von Wirtemberg für den Bau des Schlosses von Göppingen verwendet.

9. Historiker zum Bauernkrieg - Literaturhinweise

Die Literatur zum Bauernkrieg ist fast unübersehbar, was zeigt, dass das Thema im Schnittpunkt vieler Entwicklungen eines der zentralen Themen der deutschen und internationalen Geschichtsforschung ist. (Nach P.Blickle erschienen z.B. 1975 allein über 500 Veröffentlichungen zum Bauernkrieg.)

Hier kann nur auf einige wenige Veröffentlichungen aus verschiedenen Zeiten hingewiesen werden, die zum Teil sehr unterschiedliche Interpretationen und Wertungen des Bauernkrieges bieten:

Wilhelm Zimmermann: Allgemeine Geschichte des großen Bauernkriegs.1841 - 1844 erschienen. (Nachdruck 1999 !)

(Wilhelm Zimmermann, Radikaldemokrat in der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848/1849, stellt den Bauernkrieg von 1524/25 von seiner demokratischen Position aus dar und wertet ihn ganz anders als der Mainstream der Historiker in der Nachfolge Luthers oder Rankes: Der Historiker Ranke sah im Bauernkrieg nur Zerstörungswut, ein negatives Ereignis, das glücklicherweise gescheitert sei. 
Ganz anders Zimmermann. Er sieht im Bauernkrieg die erste berechtigte Revolution in Deutschland. Und er rühmt in seinem Buch auch als bleibendes Verdienst der Aufständischen die Zerstörung der Burgen und Klöster: "Aus dem ersteren wurde das Volk nicht mehr geplackt, und aus dem letzteren nicht mehr zu jenem hin verdummt."
Zimmermanns Buch hatte großen Einfluss auf die politische Diskussion seiner Zeit. Auch für Friedrich Engels war es eine wichtige Quelle für seine eigene Arbeit über den deutschen Bauernkrieg. Zitat Engels 1875: Zimmermanns "Buch, obwohl hie und da lückenhaft, ist immer noch die beste Zusammenstellung des Tatsächlichen".
Zimmermanns Buch, von dem vor wenigen Jahren ein Nachdruck als Volksausgabe erschien, ist - trotz des manchmal sehr anstrengenden Freiheits -Pathos bei Zimmermann -immer noch lesenswert, auch wegen der genauen Darstellung des Verlaufs des Bauernkriegs.)

Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg. 1850 erschienen.

(Die marxistische Geschichtsschreibung in der Nachfolge Friedrich Engels versteht den Bauernkrieg  als Teil und Höhepunkt einer "frühbürgerlichen Revolution" beim Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus. Von daher hat der Bauernkrieg, und dabei besonders Thomas Müntzer, im Marxismus und in der DDR von Anfang an eine besondere Beachtung erfahren. - Das Konzept der frühbürgerlichen Revolution, in dem der Bauernkrieg und die Reformation zusammengesehen werden, wurde übrigens erst ab ca 1960 in der DDR entwickelt.) 

Gunter Franz: Der deutsche Bauernkrieg. München 1933

(Gunter Franz, der "Bauern-Franz", war seit seinem grundlegenden Buch über den deutschen Bauernkrieg, das in 1. Auflage 1933 erschien, der Experte unter den deutschen Historikern für den Bauernkrieg und für die Situation der Bauern im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Er blieb dies auch für viele Jahre nach 1945 trotz der großen Nähe von Franz zum Nationalsozialismus. Ernst Klee schreibt darüber: Franz vertrat die These, dass die Ziele der Bauern im Bauernkrieg durch die Machtergreifung Adolf Hitlers erfüllt wurden!)

Peter Blickle:
Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes.
Verlag C.H.Beck München, 1998 (3.Auflage 2006)

(Peter Blickle, emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Bern, ist unter den lebenden Historikern wohl der bekannteste Forscher zum Bauernkrieg. Das oben genannte schmale Buch gibt einen knappen Überblick über Grundfragen des Bauernkrieges, kaum eine Schilderung des Verlaufs.)



10. Weitere Web-Informationen zum Bauernkrieg

- Weitere Web-Informationen: Friedrich Engels Schrift von 1850 "Der deutsche Bauernkrieg":
http://www.mlwerke.de/me/me07/me07_327.htm

- Weitere Web-Informationen in der Enzyklopädie Wikipedia::
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg

zum Seitenanfang
zur Startseite (Übersicht)  Links zu den Lexikon- Buchstaben: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S Sch T U V W Z

© Manfred Ebener / E-Mail- Kontakt: info@manfred-ebener.de  / Lexikon Geschichte Baden-Württemberg: Bauernkrieg / letzte Änderung: 11.8.2019

 ____________________ Kostenlose Zähler und Statistiken für Ihre Website bei www.motigo.com ______________________________________________________________________________________________________________________________________________