Das
Konstanzer Konzil im Kontext der Konzilsgeschichte: [Bild (Foto M.Ebener): Abbildung auf den Plakaten und Flyern zur Großen Landesausstellung zum Konstanzer Konzil vom April bis September 2014 in Konstanz] Die rechte Spalte enthält den Artikel mit einem Überblick über das Konstanzer Konzil. Die linke Spalte enthält einen kurzen Überblick über
den Kontext: die 21 "Ökumenischen" Konzile (von 325 - 1962) Übersicht über diese Spalte: A.
Einleitung zum Überblick über die Konzilsgeschichte A. Einleitung zum
Überblick über die Konzilsgeschichte: B. Die 8 Ökumenischen Konzilien des Altertums und des Frühmittelalters von 325 - 870:
Die ersten 8 Konzilien waren alle nicht von
Theologen, Bischöfen oder einem Papst einberufen und geleitet, sondern von den
römischen Kaisern, nach der Teilung des römischen Reiches 395 von den
oströmischen Kaisern. Und sie fanden alle an Tagungsorten im Osten des Reiches
statt. 1. Konzil: Erstes Konzil von Nicaea, 325 n.Chr.: Das erste "weltweite" Kirchenkonzil wurde im Jahr 325 von Kaiser Konstantin einberufen und auch geleitet. Es fand nur 12 Jahre nach dem "Toleranzedikt" von Mailand von 313 statt, mit dem die beiden Augusti Konstantin und Licinius die Christenverfolgung im römischen Reich beendet hatten und mit dem die christlichen Gemeinden nach langer Unterdrückung und Leidenszeit toleriert wurden, . [Bild (Marke San Marino 2013): 1700. Jahrestag des "Edikts von Mailand"; Abbildung: Medaillon mit Kaiser Konstantin in Siegerpose, Landkarte mit dem römischen Reich, Christus-Zeichen] Überraschend ist, dass das 1. ökumenische Konzil
nicht von einem christlichen Bischof oder gar vom Papst (den es zu der Zeit noch
gar nicht gab) einberufen wurde, sondern von einem nichtchristlichen Kaiser.
Konstantin war zu dieser Zeit noch kein eindeutig bekennender Christ (taufen
ließ er sich erst kurz vor seinem Tod im Jahr 337), und auch die alten römischen
Götterkulte pflegte er weiter. Er privilegierte und unterstützte aber die
christlichen Gemeinden. Und er hatte offenbar die Vision, im Laufe der Zeit die
christliche Religion mit ihrer Betonung des Monotheismus zur Staatsreligion zu
machen, zur einzigen Religion in einem Land mit nur einem gottgleichen Kaiser. Das Konzil sollte in Nicaea, nahe bei Byzanz, dem späteren
Konstantinopel, stattfinden. Konstantin berief die christlichen Bischöfe des
Reiches dorthin, zur "Großen und Heiligen Synode der 318 Väter". (Vermutlich ist
das eine symbolische Zahl; manche Schätzungen gehen von etwa 220 Bischöfen aus,
unter ihnen auch manche der später als "Kirchenväter" bezeichneten Theologen. -
Der römische Bischof Sylvester konnte übrigens aus Altersgründen nicht am Konzil
teilnehmen. - Die Bischöfe durften auf Anordnung des Kaisers für die Anreise
nach Nicaea die kaiserliche Post benutzen, wie es sonst nur hohen Beamten
zustand, - auch ein Zeichen für die Unterstützung der Christen.) 2. Konzil: Erstes Konzil von Konstantinopel, 381 n.Chr.: 3. Konzil: Konzil von Ephesus, 431 n.Chr.: 4. Konzil: Konzil von Chalcedon, 451 n.Chr.: 5. Konzil: Zweites Konzil von Konstantinopel, 553 n.Chr.: 6. Konzil: Drittes Konzil von Konstantinopel, 680 - 681 n.Chr.: 7. Konzil: Zweites Konzil von Nicaea, 787 n.Chr.: 8. Konzil: Viertes Konzil von Konstantinopel, 869 - 870 n.Chr.: |
Überblick über das
Konstanzer Konzil (von 1414 - 1418) Übersicht über den Artikel in dieser Spalte: I. Einleitung zum Konstanzer Konzil (1414 - 1418) I. Einleitung zum Konstanzer Konzil (1414 - 1418)
Das Konstanzer Konzil ist das einzige der großen
Kirchen-Konzilien, das im Gebiet des heutigen Deutschland stattfindet (und
natürlich auch das einzige im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg). Und es ist
die von der Besucherzahl her größte Versammlung kirchlicher (und weltlicher)
Würdenträger vom ersten Konzil im Jahr 325 bis zum Ende des Mittelalters. (Nach
Schätzungen waren etwa 20.000 - 30.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Konzil in
Konstanz, einschließlich der vielen Menschen mit Versorgungsdiensten, allerdings
nicht immer zur gleichen Zeit.) Und das bei der kleinen Reichsstadt Konstanz,
die damals vermutlich nur 6000 bis 8000 Bürger hatte. Das war auch eine
unglaubliche logistische Herausforderung, die Konstanz offenbar sehr gut
gemeistert hat. Warum findet das Konzil in der kleinen Reichsstadt Konstanz statt? - König Sigismund, der das Konzil zuerst einberief und die Wahl des Ortes maßgeblich bestimmte, plante ein Konzil an einem für die beteiligten Länder zentralen und gut erreichbaren Ort, und dazu bot sich Konstanz von der Lage her an (wie bei früheren Konzilien Lyon und später Basel). Außerdem wollte Sigismund das Konzil in seinem Herrschaftsbereich durchführen, auch um in der Frage der Hussiten handlungsfähig zu sein. Konstanz legte sich auch nahe, weil im Zusammenhang mit Konstanz schon manche politischen Entscheidungen getroffen worden waren (z.B. der Vertrag Friedrich Barbarossas mit den Lombardischen Städten 1183). Und: Konstanz war eine Bischofsstadt, wohl schon seit dem 6. Jahrhundert. [Bild (Foto M.Ebener): Siegel der Stadt Konstanz, Gedenkstein an einer Wand in Konstanz] II. Vorgeschichte des Konstanzer Konzils Konzilien als Versammlungen kirchlicher und anderer Würdenträger waren schon seit 325 übliche Versammlungen zur theologischen und kirchenpolitischen Meinungsbildung- und Entscheidungsfindung (s. die Übersicht in der linken Spalte). In der Zeit vor dem Konstanzer Konzil hatte sich allerdings, auch befördert durch die Papst-Schismen, die Konzeption des Konziliarismus entwickelt, womit gemeint ist dass nicht ein Papst sondern ein Konzil die eigentlich wichtigen Entscheidungen trifft und dass dem auch der Papst untergeordnet ist. Diese Position, die oft auf Marsilius von Padua zurückgeführt wird, hat das Selbstbewusstsein und die Entscheidungen der Konzilsmitglieder bestimmt, und sie haben dies auch noch einmal während des Konzils in einem eigenen Dekret festgehalten. (Dass diese Sicht des Konziliarismus in der Fortsetzung der Geschichte der katholischen Kirche nicht beibehalten wurde, sondern etwa mit dem Unfehlbarkeitsdogma des Papstes seit 1870 ganz anders die Akzente gesetzt wurden, ist aber deutlich.)
Zur
Vorgeschichte gehört das große Papst-Schisma seit 1378: Nach dem Tod von
Kaiser Karl IV. im Jahr 1378 gab es neben dem römischen Papst einen Papst,
der in Avignon lebte. Diese beiden Päpste zerrissen die Christenheit: Jede
Gemeinde, jeder Bischof, jedes Kloster, jeder Fürst musste entscheiden zu welchem
Papst er gehörte (Oboedienz), auch wohin Geld abzuführen ist. - In einem kleinen
Konzil in Pisa, das später als schismatisch abgelehnt wurde, sollten die beiden
Päpste abgesetzt werden und dafür als neuer Papst Johannes XXIII. eingesetzt
werden. Aber die abgesetzten Päpste akzeptierten ihre Absetzung nicht. Damit gab
es nebeneinander 3 Päpste.
Ein anderer Aspekt
der Vorgeschichte war das Auftreten des böhmischen Theologen
Johannes Hus,
der seit seiner ersten Predigt in der Bethlehemkirche in Prag im Jahr 1402 eine
an der radikalen kritischen Theologie des englischen Theologen John Wiclif
orientierte Verkündigung begann, die in Böhmen zu einer großen reformatorischen
Volksbewegung geführt hatte. Einige Schwerpunkte der für viele revolutionären
Theologie und Predigt des Jan Hus waren: III. Verfahrensweisen beim Konzil Das Konzil wurde zunächst durch König Sigismund zum Herbst 1414 nach Konstanz einberufen.
[Bild: (Foto): Kaiser Sigismund, Porträt eines
böhmischen Meisters (Prag?) (1436/37), früher Antonio Pisanello (1433)
zugeordnet]
In
den 4 Jahren, die das Konzil dauerte, fanden 45 teils mehrtägige Sitzungen
statt. [Bild (Foto M. Ebener): Das große "Konzilsgebäude" am Konstanzer Hafen, eine umgebaute Kaufhalle, in dem die Papstwahl beim Konzil stattfand.] Die Konzilsteilnehmer
versammelten sich in Untergruppen nach "Nationen", in denen die Themen des
Konzils vordiskutiert wurden und die meist in Klostergebäuden tagten. Durch
diese Gruppen war das Konzil ein großartiges Diskussionsforum. IV. Teilnehmer am Konzil und seinem Umfeld: - Von den 30.000 Personen, die in den 4 Konzilsjahren in Konstanz waren, waren natürlich die wichtigsten die Kardinäle, Bischöfe, Prälaten und andere leitende Geistliche und die weltlichen Herren aus allen beteiligten Ländern: an der Spitze König Sigismund, dann die anderen Könige und Fürsten. -
Die Mitarbeiter und Angestellten der Konzilsdelegierten, die Gelehrten und
Berater, waren eine weitere große Gruppe. [Bild (Marke Österreich 1977): Oswald von Wolkenstein, 1377 - 1445; Abbildung des einäugigen Oswald von Wolkenstein, der auf Schärpe und Gewand bekleidet ist mit den Zeichen des "Kannenordens", der ihm in Spanien verliehen wurde] |
C. Die Konzilien des Hoch- und Spätmittelalters
von 1123 - 1442: 9.
Konzil:
Erstes Laterankonzil, 1123 n.Chr.: 10. Konzil: Zweites Laterankonzil, 1139 n.Chr.: 11. Konzil: Drittes Laterankonzil, 1179 n.Chr.: 12. Konzil: Viertes Laterankonzil, 1215 n.Chr.: 13. Konzil: Erstes Konzil von Lyon, 1245 n.Chr.: 14. Konzil: Zweites Konzil von Lyon, 1274 n.Chr.: 15. Konzil: Konzil von Vienne, 1311 - 1312 n.Chr.: 16. Konzil: Konzil von Konstanz, 1414 - 1418 n.Chr.:
Hinweis
auf eine hier nicht abgedruckte
BRD-Briefmarke
von
2014:
Briefmarke zum Konstanzer Konzil: 600 Jahre Konstanzer Konzil: 8 Bilder nach der Richental-Chronik, vom alltäglichen Fisch-Zubereiten für die Konzils-Gäste, bis zur Ermordung von Johannes Hus. [Entwurf der Briefmarke: Nicole Elsenbach.] Um eine Abbildung der Briefmarke zu sehen: Suchen Sie im Google - Netz o.ä. mit den Worten: Briefmarke Konstanzer Konzil. 17. Konzil: Konzil von Basel, 1431 - 1437 n.Chr.,
Fortsetzung in Ferrara und Florenz bis 1442): |
-
Humanistische Gelehrte auf dem Konstanzer
Konzil: - Eine große Zahl machten natürlich die Versorgungsdienste aus: Händler, Wirte, Köche, sicher auch Ärzte u.Ä. - Richental beschreibt in seiner Konzils-Chronik auch einiges zur Logistik des Konzils in Konstanz: Als das Konzil anfing, kamen viele Händler usw. in die Stadt. Auf jedem freien Platz schlugen sie ihre Zelte auf, eröffneten Läden und Wirtshäuser. Und manche Mitarbeiter konnten nur in umliegenden Gemeinden eine Unterkunft finden.
- Und dann gab es offenbar bei diesem Großereignis
auch eine große Zahl von "Hübschlerinnen", wie Richental sie nennt. Mindestens
700 sollen nach Richental ihre Dienste angeboten haben. Und man kann annehmen
dass auch mancher geistliche Herr solche Dienste gern in Anspruch genommen hat,
ohne Rücksicht auf den beim 2. Laterankonzil geforderte Enthaltsamkeis-Zölibat.
[Bild (Foto M. Ebener): "Imperia"-Skulptur im
Konstanzer Hafen, mit Kaiser und Papst in ihren Händen.] V: Causa unionis: Die Lösung des Papstschismas
- In der 5. Sitzung des Konzils, am 6.4.1415, wurde
das Dekret "Haec Sancta Synodus" beschlossen (Überordnung des Konzils
auch über den Papst). - Der Papst in Avignon, Benedikt XIII., will lange nicht zurücktreten; erst 1417 wird ein Absetzungsprozess vom Konzil gegen ihn durchgeführt. - Am 11. November 1417 wählen die Kardinäle und
einige Vertreter der "Nationen" bei der Konklave im Konzilsgebäude den Italiener
Otto Colonna als neuen Papst, der als Papst Martin V. von 1417 - 1431 regiert. |
D.
Die Konzilien der Neuzeit von 1512 - 1962: 18.
Konzil: Fünftes Laterankonzil, 1512 - 1517 n.Chr.: 19. Konzil: Konzil von Trient, 1545 - 1563 n.Chr.,
mit Tagungsperiode 1547 in Bologna:
20. Konzil: Erstes Vatikanisches Konzil, 1869 bis 1870 n.Chr.:
21. Konzil: Zweites Vatikanisches Konzil, 1962 - 1965 n.Chr.: |
.VI. Causa fidei: Der "Prozess" gegen Johannes Hus:
Das 2. Hauptthema beim Konstanzer Konzil war die
Frage der reinen Lehre, die causa fidei. Diese Frage war besonders drängend
durch die Predigt des böhmischen Theologen Jan Hus (s.
oben).
[Bild
(Marke CSFR, 1952): Tschechische Gedenkmarke für Jan Hus, Erinnerung an die erste Verkündigung der Hussitenlehre
im Jahr 1402 in der Bethlehemskapelle
in Prag; Portrait des böhmischen Theologen Johannes Hus]
[Bild (nach der Illustration der Richental-Chronik
zum Konstanzer Konzil): Oberes Bild: Verbrennung von J.Hus auf dem
Scheiterhaufen; unteres Bild: einsammeln der Asche in einem Totenkarren, mit dem
sie dann in den Rhein gestreut wurde.] Ganz anders in Böhmen, wo Jan Hus als Märtyrer für den rechten Glauben gesehen wurde und sein Tod mit einem einmütigen Aufschrei der Empörung beantwortet wurde. Die blutigen Hussitenkriege, die auch die verschiedenen Gruppen in Böhmen spaltete, bestimmten dort das ganze 15. Jahrhundert. VII. Causa reformationis: Weitere Beschlüsse des Konzils:
Zu den vielen drängenden Problemen einer
Kirchenreform (z.B. das Pfründenwesen bei den Pfarrstellen) gab es beim Konzil
zwar eine Reihe von Theologenentwürfen, es kam aber kaum zu gemeinsamen
Beschlüssen, die für alle Nationen verbindlich gewesen wären. |
E. Literaturhinweise und
Quellenangaben zur Konzilsgeschichte: Hubert Jedin: Kleine Konzilsgeschichte. Die zwanzig Ökumenischen Konzilien im Rahmen der Kirchengeschichte. Herder-Bücherei, 1959 Heribert Müller: Die kirchliche Krise des späten Mittelalters. Schisma, Konziliarismus und Konzilien. Oldenbourg-Verlag, 2012 |
VIII. Literaturhinweise zum Konstanzer
Konzil: Dokumente zum Konstanzer Konzil, vor allem aus der Konzils-Chronik des Ulrich von Richental, u.a., sind wiedergegeben in dem von J.M.Moeglin und R.A.Müller herausgegebenen Reclam-Band: Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Band 2, Spätmittelalter 1250-1495, Kapitel 36: Das Konzil zu Konstanz, S. 295ff. - Reclam-Verlag 2000 Alexander Patschovsky: Der italienische Humanismus auf dem Konstanzer Konzil (1414 - 1418). Konstanzer Universitätsreden, UVK Universitätsverlag Konstanz 1999 Klaus Schelle: Das Konstanzer Konzil 1414 - 1418. Eine Reichsstadt im Brennpunkt europäischer Politik. Verlag Stadler, 2. Aufl. 2010 Stephen Greenblatt: Die Wende - Wie die Renaissance begann. Siedler-Verlag, deutsch 2012 |
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