WappenLexikon Geschichte B.+W. u.a.: Konstantin der Große,  die "Konstantinische Wende" für das Christentum im römischen Reich, und die sogen. "Konstantinische Schenkung"
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Konstantin der Große, römischer Kaiser (regiert als Caesar und Augustus im römischen Kaiserreich von 306 - 337 n.Chr., davon als Alleinherrscher seit 324 n.Chr.)

Vorbemerkungen:

KonstantinKaiser Konstantin I. ist einer der bedeutenden Kaiser des römischen Kaiserreichs im 4. Jahrhundert n.Chr. Er hat das römische Weltreich nach der Herrschaft Diocletians mit vielen Kriegen, auch mit Heeres- und Verwaltungsreformen, weiter konsolidiert. Seine Herrschaft bedeutet auch lange nachwirkende Wenden in der römischen Politik.

[Bild (Marke San Marino 2013): 1700. Jahrestag des "Edikts von Mailand"; Abbildung: Medaillon von 315 mit Kaiser Konstantin in Siegerpose, Landkarte mit dem römischen Reich, Christus-Zeichen]

Konstantin war "ein brutaler Gewaltherrscher, der ein gnadenloses Strafrecht einführt und seine Rivalen beseitigen sowie zahlreiche Verwandte ermorden läßt. Doch Konstantin I. ist auch der Kaiser, der das Christentum zur bestimmenden Religion im Imperium macht - und deren Charakter entscheidend prägt." (Zitat aus der Zusammenfassung im Artikel von J.U.Albig über Konstantin im Heft "Rom. Die Geschichte des Kaiserreichs", GEO Epoche Heft Nr. 54, S. 129).

Übersicht über den Artikel:
Der Artikel in dieser Spalte enthält folgende Teile:

1. Aufstieg, Schlachten und Herrschaft Konstantins

2. "Konstantinische Wende": Tolerierung und Privilegierung der christlichen Religion im römischen Reich

3. Literaturhinweise zu Konstantin dem Großen
 

4. Nachtrag:
Die sogenannte "
Konstantinischen Schenkung".

In der rechten Spalte folgt als Nachtrag ein Artikel über die grandiose und für das Papsttum und den Kirchenstaat sehr wirksame Fälschung, die mit dem Namen und der Autorität Konstantins verbunden wurde:

4. Die sogenannte "konstantinischen Schenkung".
 

4.1 Vorbemerkungen zur "Konstantinischen Schenkung":

Die sogenannte "Konstantinische Schenkung" ist eine für die Geschichte des Papsttums und des Kirchenstaats sehr wirksame mittelalterliche Fälschung, die zur "Kriminalgeschichte des Christentums" gehört.

Sie hat mit Konstantin d.Gr. rein gar nichts zu tun, außer dass sie den Namen und die Autorität Konstantins benützt um das Papsttum und den Kirchenstaat mächtig zu machen.

Die "Konstantinische Schenkung" wurde viele Jahrhunderte von den Päpsten und der katholischen Kirche für echt gehalten und auch in die Rechtssammlungen der Kirche aufgenommen. Mit ihr begründete das Papsttum über viele Jahrhunderte die Herrschaft der Päpste über den Kirchenstaat, über die Kirche, über die anderen Kirchen und auch über die weltlichen Mächte: Über Könige, Städte, Kaiser.

Die "Konstantinische.Schenkung ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie im kirchlichen Bereich früher Legenden gemacht, erfunden werden. Der Skopus, das Ziel einer Geschichte ist das Wichtigste. In Abwandlung eines Satzes, den der kritische Theologe D.Fr. Strauss über die biblischen Evangelien formuliert hat: Diese Geschichten sind nichts anderes als "geschichtsartige Einkleidungen christlicher Ideen, gebildet in der absichtlich dichtenden Sage".


1. Aufstieg, Schlachten und Herrschaft Konstantins

Konstantin ist geboren im Jahr 272, oder 273, oder 275 in Naissus (heute in Serbien) mit dem Namen Flavius Valerius Constantius als Sohn des späteren Kaisers/Augustus Constantius I. Chlorus und der Helena.

1.1 Herrschaftsform der Tetrarchie seit Diokletian

Die Herrschaftsform im römischen Kaiserreich in jener Zeit (nach dem Ende der Soldatenkaiser) ist ziemlich kompliziert: 284 wurde Diokletian zum Kaiser ausgerufen, der die Regierungsform der Tetrarchie, der 4 Herrscher, einführte: An der Spitze des Reiches standen 2 "Augusti"; darunter gab es 2 "Caesaren" genannte Stellvertreter.
Die beiden Augusti waren seit 284 Diokletian und Maximian. 293 wurden Constantius Chlorus und Galerius zu Caesares erhoben.

305 traten verabredungsgemäß und freiwillig (!) Diokletian und Maximian als Augusti zurück. Zu neuen Augusti wurden die bisherigen Caesares Constantius Chlorus und Galerius erhoben. Neue Caesaren wurden Severus und Maximinus Daia.

1.2 Konstantin wird einer der Caesares (306 - 312); Kampf auch gegen die Alemannen

306 stirbt Constantius Chlorus in Britannien, darauf wird sein Sohn, der spätere Kaiser Konstantin, von den Soldaten in Britannien an seiner Stelle zum neuen Augustus ausgerufen. Der verbliebene Augustus Galerius akzeptiert das nicht und anerkennt Konstantin nur als Caesar. Dafür wird der bisherige Caesar Severus zum 2. Augustus ernannt. Caesaren sind Konstantin und Maximinus Daia. Nicht anerkannte Usurpatoren sind Maxentius und Maximian.

Seit 306 ist Konstantin vor allem zuständig für die Sicherung der römischen Provinzen Gallien und Britannien. In den nächsten 10 Jahren residierte er in Trier, das bereits seit 293 eine der 4 römischen Kaiserresidenzen war. In Trier ließ Konstantin viele neue römische Bauten errichten.
Von Trier aus sicherte er auch die Rheingrenze gegen die Überfälle der Franken und der Alemannen, die immer wieder auch aus Südwestdeutschland über den Rhein in die römische Provinz einzudringen versuchten. "Die gefangenen Franken- und Alamannenkönige ließ er den wilden Tieren vorwerfen." (Zitat aus Boelcke, Handbuch Baden-Württemberg, S. 20.)

308: Nach der Ausschaltung des Severus wird Licinius neben Galerius zum West-Augustus ernannt. Konstantin bleibt noch nur Caesar, auch wenn er den Augustus-Titel wieder für sich verwendet. Erst nach dem Tod des Galerius (311)  und nach Konstantins Sieg über Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke (s.unten) wird Konstantin offiziell zum 2. Augustus neben Licinius erhoben.

1.3 Schlacht an der Milvischen Brücke - Konstantin wird Augustus (neben Licinius) (312 - 324)

Schlacht an der Milvischen Brücke312 findet die berühmte Schlacht an der Milvischen Brücke statt, in der Konstantin und seine Truppen den Usurpator Maxentius vernichtend schlagen. Maxentius ertrinkt, wie viele seiner Soldaten, bei der Flucht, im Tiber. Konstantin ist der eindeutige Sieger. Konstantin wird danach zum Augustus erhoben.

[Bild (Marke Italien und Vatican, 2012): 1700 Jahrestag der Schlacht an der Milvischen Brücke gegen Maxentius. Links zu Pferd soll Konstantin sein, dahinter die Standarten mit dem Christus-Zeichen. - Nach einem Gemälde aus dem 16. Jahrhundert.]

Vor dieser Schlacht an der Milvischen Brücke soll Konstantin - nach einer später verbreiteten Legende - die berühmte Vision des Christengottes und des Christus-Zeichens gehabt haben mit der Zusage: "In hoc signo vincis" (In diesem Zeichen wirst du siegen). Er soll daraufhin das Christus-Monogramm auf die Schilder und Standarten seiner Soldaten gemalt haben.

313 verabreden die beiden Augusti Konstantin und Licinius in Mailand das sogenannte "Mailänder Toleranzedikt" zur Toleranz aller, auch der christlichen, Religionen.(s. unten).

316 beginnt ein erster Krieg zwischen Konstantin und Licinius um die Vorherrschaft zwischen den beiden Augusti. Konstantin siegt über Licinius, wie auch im zweiten Krieg 324, wo Licinius in der Schlacht bei Adrianopel geschlagen wird und zum Rücktritt gezwungen wird. (325 wurde Licinius dann ermordet.)
324 regierte Konstantin dann als Alleinherrscher.

1.4 Konstantin als Alleinherrscher (324 - 337)

325 beruft Konstantin das Kirchen- Konzil von Nicaea ein (s. unten).

323 hatte Konstantin neben vielen anderen militärischen Siegen an vielen Fronten die im Osten des römischen Reiches eingefallenen Goten besiegt.

330 wird Konstantinopel gegründet und eingeweiht, eine Neugründung am Ort des bisherigen Byzantion in Kleinasien. Konstantinopel wird die 2. Hauptstadt des römischen Reiches neben Rom, und für Konstantin war es die wichtigste.

[Mit Konstantinopel verschiebt sich der Schwerpunkt des römischen Reiches nach Osten. 395, nach dem Tod von Theodosius I., wird dann das Reich in ein Weströmisches und ein Oströmisches Reich geteilt. Das Weströmische Reich, das bald seine Hauptstadt  von Rom nach Mailand und dann nach Ravenna verlegte, war 467 mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus durch den Germanen Odoaker zu Ende. Das Oströmische Reich mit Konstantinopel als Hauptstadt ist noch für über 1000 Jahre die beherrschende Macht rund um das Mittelmeer, der "römische" Kaiser war der Kaiser von Ostrom bzw. von Konstantinopel, bis 1453 die Osmanen Konstantinopel eroberten.]
[Zum Oströmischen Reich s. im Artikel über die Kreuzzüge die
Entwicklungen des Weltreichs Byzanz bis 1453 ]

337 stirbt Konstantin. Kurz vor seinem Tod ließ Konstantin sich taufen, merkwürdigerweise von einem arianisch orientierten Bischof. (Arianismus war die theologische Lehrmeinung, die das Konzil von Nicaea unter Konstantins Leitung als falsche Lehre, oder Ketzerei, verdammt hatte.).

4.2 Die Geschichte der "Konstantinischen Schenkung"

Wie sieht nun die Geschichte aus?

Das Dokument besteht aus 2 Hauptteilen: Im ersten Teil soll begründet werden, was Kaiser Konstantin zu den weitreichenden Schenkungen motiviert:
Im 2. Hauptteil werden dann die Schenkungen beschrieben.

In einer Serie von Briefmarken, die Italien und der Vatican zum 1700. Jahrestag des Toleranzedikts von Mailand im Jahr 2013 herausgegeben haben, ist die "Konstantinische Schenkung" nach Fresken aus der Basilika Santi Quattro Coronati von 1246 dargestellt.
Nach diesen Fresken wird hier die Geschichte in 4 Szenen dargestellt.

 

Szene 1: Konstantins Krankheit, sein Traum und die Begegnung mit Papst Sylvester

Auf dem Briefmarkenblock von Italien ist die erste Begegnung von Kaiser Konstantin mit Silverster, dem Bischof von Rom, dargestellt. Vorausgegangen soll folgendes gewesen sein: Konstantin litt an einer schweren Krankheit, an Aussatz. Als Heilmittel empfahlen ihm römische Berater grausame Methoden: Das Trinken von Blut unschuldiger Kinder u.ä. Grausamkeiten Da erschienen dem Konstantin im Traum Petrus und Paulus und empfahlen ihm ein anderes Heilmittel: Er sollte zu Papst Sylvester gehen und sich taufen lassen, so würde er gesund. Konstantin ging zu Sylvester und erkannte an den Bildern, die Sylvester ihm von Petrus und Paulus zeigt, dass ihm im Traum tatsächlich die christlichen Apostel Petrus und Paulus erschienen waren.

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[Bild (Markenblock Italien 2013): Markenausgabe aus Anlass des 1700. Jahrestags des Mailänder Tolenranzedikts: Szene 1 aus der "Konstantinischen Schenkung": Der aussätzige Konstantin (rechts im Bild) trifft Papst Silvester (links) und erkennt an den gezeigten Bildern Petrus und Paulus aus seinen Träumen wieder.]
 

Szene 2: Konstantins Bekehrung und Taufe (s.Briefmarkenbild unten links)

Konstantin bekehrt sich nach der Begegnung mit Papst Sylvester daraufhin zum christlichen Glauben, er läßt sich taufen und wird vom Aussatz geheilt.

[Bilder (Marken Vatican 2013): 1700 Jahrestag des Edikts von Mailand. - Szene 2: Taufe des Konstantin. Szene 3: Konstantin beschenkt den Silvester mit der Tiara. Szene 4: Konstantin führt das Pferd des Silvester, als Zeichen seiner Unterordnung.]

 "Konstantin.Schenkung"

 

Szene 3: Konstantin beschenkt Papst Sylvester mit der Mitra als Zeichen der Herrschaft (s. Briefmarkenbild oben rechts)

Das ist der zentrale Teil der Geschichte; das Bild oben rechts wird darum auch meist für die Konstantinische Schenkung wiedergegeben: Rechts auf dem Bild ist Konstantin, links Papst Sylvester. Konstantin schenkt dem Papst die Tiara als Zeichen der Herrschaft über die Kirche, die Kirchen, den Kirchenstaat und die ganze weströmische Welt.

Szene 4: Konstantin führt das Pferd von Papst Sylvester (s. das untere Briefmarkenbild in der Gruppe der 3 Marken oben)

Mit dieser Geste wird symbolisiert, dass Konstantin dem Papst demütig untergeordnet ist, so wie auch in Zukunft alle weltlichen Mächte, seien es Fürsten, Städte, Könige oder Kaiser, dem Papst untergeordnet sind.

 

2. "Konstantinische Wende": Tolerierung und Privilegierung der christlichen Religion im römischen Kaiserreich

Konstantin313, kurz nach der Schlacht an der Milvischen Brücke und der Ernennung Konstantins zum 2. Augustus neben Licinius, vereinbaren Konstantin und Licinius ein "Edikt" über die Religionen im römischen Reich, das meist als "Mailänder Toleranzedikt" bezeichnet wird und das vor allem für die Situation der christlichen Religionen eine dramatische Wende brachte.

[Bild (Marke San Marino 2013): 1700. Jahrestag des "Edikts von Mailand"; Abbildung: Medaillon von 315 mit Kaiser Konstantin in Siegerpose, Landkarte mit dem römischen Reich, Christus-Zeichen]

2.1 Zur Situation der christlichen Kirchen vor 313 n.Chr.:

Seit dem Leben und Tod Jesu um 30 n.Chr. entstanden rasch christliche Gemeinden, die sich - auch durch die Missionsreisen des Paulus - weit über Palästina im ganzen römischen Reich ausbreiteten. Zunächst war das Christentum von den Römern als jüdische Sekte wahrgenommen und genoss als solche einige Freiheiten. Bald aber wurde die Andersartigkeit erkannt; besonderen Anstoß gab die konsequente Ablehnung der Teilnahme an den Staatskulten für die römischen Götter durch die Christen. Bald kam es zur Verfolgung der Christen. Besonders große Christenverfolgungen wüteten im römischen Reich unter Kaiser Decius (um 250), Valerian (um 258) und unter Diokletian (303 - 305). Viele Bischöfe starben als Märtyrer.

Dennoch breiteten sich die Christlichen Gemeinden immer weiter aus. Nach Schätzungen bezeichneten sich um 313 etwa 5 % (nach manchen Schätzungen bis 10 %) der Bewohner des römischen Reiches als Christen; im Osten des Reiches waren es wohl etwas mehr als im Westen. Und die Christen waren mehr unter den unteren und mittleren Schichten zu finden, weniger unter den Eliten.

2.2 Das "Mailänder Toleranzedikt" von 313:

Im "Mailänder Toleranzedikt" von 313 vereinbarten und verfügten die beiden Augusti Konstantin und Licinius die Tolerierung aller Religionen im römischen Reich: Nicht mehr die Teilnahme an den Kulten der verschiedenen römischen Götter war Verpflichtung für die römischen Bürger, sondern die Ausübung jeder Religion war erlaubt, auch die des Christentums. Damit wurde auch das Ende der Christenverfolgungen Gesetz. Dies Toleranzedikt brachte eine radikale Wende in der Anerkennung der christlichen Gemeinden.
Das Mailänder Toleranzedikt macht allerdings noch nicht das Christentum zur alleinigen Staatsreligion; das erfolgt erst durch Theodosius I. im Jahr 381.

(Das Mailänder Toleranzedikt war nicht das erste Toleranzedikt im römischen Kaiserreich: Bereits 311 hatte der Augustus Galerius ein ähnliches Toleranzedikt erlassen, das aber wegen des baldigen Todes des Galerius kaum Bedeutung bekam.)

2.3 Privilegierung der christlichen Kirchen durch Konstantin

Konstantin ging allerdings über die gleichmäßige Tolerierung aller Religionen weit hinaus: Er umgab sich mit christlichen Bischöffen als Berater, er ließ eine Menge Kirchenbauten für die christlichen Gemeinden errichten, er führte den christlichen Sonntag als Feiertag für alle ein. Und: er war der Einberufer und Leiter des ersten christlichen ökumenischen Konzils, des Konzils von Nicaea im Jahr 325:

Überraschend ist, dass das 1. ökumenische Konzil nicht von einem christlichen Bischof oder gar vom Papst (den es zu der Zeit noch gar nicht gab) einberufen wurde, sondern von einem nichtchristlichen Kaiser. Konstantin war zu dieser Zeit noch kein eindeutig bekennender Christ (taufen ließ er sich erst kurz vor seinem Tod im Jahr 337), und auch die alten römischen Götterkulte pflegte er weiter. Er privilegierte und unterstützte aber die christlichen Gemeinden. Und er hatte offenbar die Vision, im Laufe der Zeit die christliche Religion mit ihrer Betonung des Monotheismus zur Staatsreligion zu machen, zur einzigen Religion in einem Land mit nur einem gottgleichen Kaiser.
Konstantin hatte nun erfahren, dass die christlichen Gemeinden gar nicht so einheitlich waren, sondern z.B. in dogmatischen Fragen zerstritten waren und unterschiedliche Positionen vertraten (was natürlich zu Konstantins Vision gar nicht passte). Ein umfassendes Konzil sollte nun die Einheit der Kirche herstellen.

Das Konzil sollte in Nicaea, nahe bei Byzanz, dem späteren Konstantinopel, stattfinden. Konstantin berief die christlichen Bischöfe des Reiches dorthin, zur "Großen und Heiligen Synode der 318 Väter". (Vermutlich ist das eine symbolische Zahl; manche Schätzungen gehen von etwa 220 Bischöfen aus, unter ihnen auch manche der später als "Kirchenväter" bezeichneten Theologen. - Der römische Bischof Sylvester konnte übrigens aus Altersgründen nicht am Konzil teilnehmen. - Die Bischöfe durften auf Anordnung des Kaisers für die Anreise nach Nicaea die kaiserliche Post benutzen, wie es sonst nur hohen Beamten zustand, - auch ein Zeichen für die Unterstützung der Christen.)

Hauptaufgabe der ersten Konzilien war die Klärung dogmatischer Grundfragen der Christologie, die in jener Zeit sehr kontrovers in den christlichen Gemeinden verstanden wurden. Hauptthema des 1. Konzils von Nicaea war die Formulierung, die Entscheidung für das Nicaenische Glaubensbekenntnis, in dem die Gottheit Jesu betont wird, und die Abgrenzung gegenüber dem Arianismus (der auch die Menschlichkeit Gottes in Jesus betont und der besonders bei den Goten sehr verbreitet war). Das heute noch in allen christlichen Kirchen gebräuchliche Apostolische Glaubensbekenntnis geht weitgehend auf das erste Konzil von Nicaea zurück.

2.4 Kontroversen über die Wende zum Christentum bei Konstantin.

Wodurch kommt es zur Wende zum Christentum bei Konstantin? Hierzu gibt es sehr unterschiedliche Theorien und Kontroversen unter Historikern: Für manche Forscher war Konstantin schon von seiner Mutter Helena (die Christin war) christlich beeinflusst. Für andere hat das Erlebnis vor und in der Schlacht an der Milvischen Brücke eine Bekehrung Konstantins zum christlichen Glauben bewirkt.
Nur: War Konstantin überhaupt ein überzeugter und praktizierender Christ? Sein Handeln spricht eher nicht dafür: Sein Wegschieben einer christlichen Taufe bis kurz vor dem Tod, seine weitere Teilnahme an den römischen Götterkulten, seine brutale Gewalt- und Mordherrschaft, die sich kaum mit der christlichen Botschaft vereinbaren läßt. (Von daher ist es kaum zu begreifen dass Konstantin in orthodoxen Kirchen zum Heiligen erklärt wird, oder zum 13. Apostel.)
Wahrscheinlich benutzte Konstantin das Christentum eher nur pragmatisch und politisch als monotheistische Ideologie zur Verstärkung der Einheit des Staates und zur Erhöhung seiner Person als Gottkaiser.

2.5 Folgen der Konstantinischen Wende für die Kirchen

Für die christlichen Kirchen brachte die Konstantinische Wende, erst recht dann die Anerkennung als Staatskirche seit Theodosius, Anerkennung und ein Ende der grausamen Christenverfolgungen.
Sie brachte aber auch erhebliche Nachteile und Kosten für die Kirchen, die die Zukunft der Kirche mit bestimmten und die zum Teil die späteren Staatskirchen (auch die "Volkskirchen") prägten:
- Eine oberflächliche, da erzwungene Kirchenmitgliedschaft oft auch ohne innere Überzeugung, die das kirchliche Leben zu entleeren droht;
- Zwangsbekehrungen von "Heiden" auch mit Gewalt, wie sie z.B. auch in den Eroberungskriegen Karls des Großen gegen die Sachsen als Motiv wirksam waren;
- die Verfolgung und Bekämpfung Andersdenkender als Ketzer, wie sie vor allem in den Ketzergerichten und den Ketzerkreuzzügen des Mittelalters viele Menschenleben forderten;
- eine sehr enge Verbindung von Thron und Altar, die eine kritische Haltung der Kirche zu staatlichen Entscheidungen fast unmöglich machte, wie sie am deutlichsten im byzantinischen Caesaropapismus der orthodoxen Kirchen deutlich wurde und wird;

4.3 Zur Entdeckung der Fälschung der "Konstantinischen Schenkung":

Dass das "Constitutum Constantini" eine Fälschung ist kann man heute rasch entdecken. Es sind zu viele Fehler/Unwahrheiten drin in einem Text von etwa 315 n.Chr.
Nur einige Beispiele:
- Die Taufe Konstantins hat nach allen anderen Quellen nicht sehr früh stattgefunden, sondern erst 337 kurz vor dem Tod.
- Es wird in der "Schenkung" von der Herrschaft über Konstantinopel gesprochen, das es damals noch gar nicht gab.
- Einen "Papst" mit diesem Titel gab es zu jener Zeit noch nicht, wohl aber einen Bischof Sylvester.

In der Geschichte hat die Fälschung (wenn man von einer Vermutung von Otto III. absieht) zum ersten Mal Nikolaus von Kues und dann der Humanist Lorenzio Valla um 1450 nachgewiesen. (s. den Artikel über den Renaissance-Humanismus). Dabei spielten vor allem auch sprachliche Gesichtspunkte eine Rolle.

Die Reformatoren haben natürlich diese Erkenntnisse gerne aufgegriffen in der Auseinandersetzung mit dem Papsttum. Auch der deutsche Humanist Ulrich von Hutten hat in seiner Polemik die Aufdeckung der Fälschung genüsslich publik gemacht.

Die Katholische Kirche hat diese Entdeckung jahrhundertelang ignoriert oder geleugnet, bis ins 19. Jahrhundert. Heute wird auch in der Katholischen Kirche nicht mehr an der "Schenkung" festgehalten. Und das Zeichen der Herrscherwürde, die Tiara, ist seit Papst Benedikt XVI. aus dem Wappen des Papstes verschwunden.

[P.S.:Eine Frage an die Vaticanische Briefmarken-Agentur: Was hat man sich wohl dabei gedacht, die 3 oben wiedergegebenen Briefmarken mit den Motiven der "Konstantinischen Schenkung" im Jahr 2013 herauszugeben, und zwar unter der Überschrift "1300 Jahre Toleranzedikt von Mailand"? Als hätte es die Entdeckung der Fälschung nie gegeben...]

 

4.4 Woher stammt die Fälschung der "Schenkung"?

Historiker wie Johannes Fried gehen davon aus, dass die "Legende" wohl im 9. Jahrhundert erfunden wurde, möglicherweise in einem Kloster in der Umgebung von Hinkmar von Reims. Aber Gewißheit ist bisher keine zu finden gewesen.

Die Absicht aber war und ist klar: Bei der Entstehung des Papsttums, die ja ein längerer Prozess im ersten Jahrtausend ist, eine unbezweifelbare Bestätigung der Macht und Herrschaft des Papstes über alle anderen Mächte und Gewalten zu liefern.

 

3. Literaturhinweise zu Konstantin dem Großen

Jörg-Uwe Albig: Konstantin. Sieger im Zeichen des Kreuzes. In
Rom. Die Geschichte des Kaiserreichs. 27 v.Chr. - 476 n.Chr.
GEO Epoche. Das Magazin für Geschichte. Nr. 54. Gruner + Jahr, 2012, S. 128ff

Oliver Schmitt: Constantin der Große (275 - 337). Kohlhammer-Verlag 2007

Manfred Clauss: Konstantin der Große und seine Zeit. C.H.Beck-Verlag, 1996

Bruno Bleckmann: Konstantin der Große. rororo monographien, 1996

5. Weitere Web-Informationen zur "Konstantinischen Schenkung"

Der gesamte Text der Konstantinischen Schenkung ist im Internet zu finden auf Lateinisch (Constitutum Constantini) und in einer deutschen Übersetzung unter

http://www.12koerbe.de/arche/const.htm

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© Manfred Ebener / E-Mail-Kontakt: info@manfred-ebener.de / Lexikon Geschichte Baden-Württemberg: Konstantin der Große / letzte Änderung: 27.12.2018

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