Die
Kreuzzüge im Mittelalter in den Vorderen Orient (1095 - 1291)
Überblick über den Artikel: A. Vorbemerkungen zu den Kreuzzügen B.
Vorgeschichte und Umfeld der Kreuzzüge im Osten:
B
1: Entwicklungen des Weltreichs Byzanz bis 1453
C.
Die 7 Kreuzzüge in den Vorderen Orient u.a.
D. Folgen und Mißerfolg der Kreuzzüge E. Karte: Die Kreuzzüge im Mittelalter F. Nachgeschichte: Das Osmanische Reich und das Abendland seit 1453 In diesem Artikel werden
- nach einigen Vorbemerkungen
zu den Kreuzzügen -zunächst Vorgeschichte und Umfeld der Kreuzzüge
im Vorderen Orient skizziert:
Danach wird der Verlauf der 7 Kreuzzüge in den Vorderen Orient und nach Nordafrika skizziert (auch mit einer detaillierten Karte) und die Errichtung und das Ende der Kreuzfahrerstaaten zwischen 1099 und 1291. [Bild (Marke Israel, 2006): Reihe "Kreuzfahrerfestungen im Gebiet des heutigen Staates Israel": Kreuzritter mit Wappen, im Hintergrund Andeutung der Kreuzfahrerburg Montfort bei Akkon] Der Abschnitt "Mißerfolg und Folgen der Kreuzzüge" enthält einige Aspekte einer Bilanz der Kreuzzüge. Als "Nachgeschichte" werden einige Hauptpunkte der Beziehung zwischen dem Osmanischen Reich/dem Orient/den Türken und dem Abendland seit 1453 beschrieben. |
Die Kreuzzüge
im Mittelalter in den Vorderen Orient (1095 - 1291)
A: Vorbemerkungen zu den Kreuzzügen "Kreuzzüge" nennt man allgemein die im Hochmittelalter von der römischen Kirche propagierten und unterstützten Kriegszüge im Zeichen des Kreuzes zur Ausbreitung oder Wiederherstellung des katholischen Glaubens und zur Errichtung christlicher Reiche. Unterschiedliche Kreuzzüge
seit dem 11. Jhdt.:
All diese Kreuzzüge propagierten im Namen des Christentums den "heiligen Krieg", der als "gerechter Krieg" von Gott geboten sein soll; - die militaristische Interpretation des christlichen Glaubens hatte sich schon seit dem Frühen Mittelalter in der Kirche immer mehr durchgesetzt. Neu kommt bei den Kreuzzügen noch dazu, dass den christlichen Kriegern für ihr gottgefälliges Werk reicher kirchlicher und himmlischer Lohn verheissen wird; - und, nebenbei, auch evtl. erhebliche irdischer Lohn. "Kreuzzüge" im engeren Sinn nennt man meist die 7 Kreuzzüge (mit Nebenkreuzzügen; die Zählung ist unterschiedlich) der abendländischen Christenheit in den Vorderen Orient und nach Nordafrika im 11. - 13. Jahrhundert, deren (offizielles) Hauptziel die Befreiung Jerusalems und des "Heiligen Landes" von der Besetzung durch die Muslime war. In diesem Zusammenhang werden in Palästina auch die Ritterorden gegründet, meist zunächst als Hospitalbruderschaften, die dann aber auch zu bewaffneten Kreuzrittern zur Verteidigung und zur Eroberung werden: Die Templer, der Johanniterorden und der Deutsche Orden. Die 7 Kreuz-Kriegs-Züge richteten sich vor allem gegen die islamischen Reiche im Nahen Osten; doch auf dem Weg dahin wurden auch die Juden als Ungläubige wahrgenommen und in großer Zahl ermordet (z.B.1096 im Rheinland; allein in Mainz sollen etwa 1000 Juden ermordet worden sein); schließlich (im 4. Kreuzzug) auch die griechischen Christen im Byzantinischen Reich, besonders in Konstantinopel. Die Kreuzzüge sind eines der grausamsten und unchristlichsten Kapitel in der Geschichte der abendländischen Christenheit. - Mit den Worten von Steven Runciman, dem wohl bedeutendsten englischen Kreuzzugshistoriker: Die Kreuzzüge sind "ein einziger langer Akt der Unduldsamkeit im Namen Gottes, welcher Sünde ist wider den Heiligen Geist".(zitiert nach Tyerman, Kreuzzüge, S.22). Und der Mythos der Kreuzzüge hat Spuren bis ins 21.Jahrhundert gezogen: Amerikanische Mittelstreckenraketen wurden "Cruise Missiles" genannt. Der amerikanische Präsident G.W. Bush sprach nach dem 11.September 2001 vom notwendigen "Kreuzzug gegen den Terrorismus". Und auf der anderen Seite Gegenkreuzzüge: Eine der Gruppen Osama bin Ladens nannte sich "Islamische Weltfront für den Kreuzzug gegen Juden und Kreuzfahrer". |
B. Vorgeschichte und Umfeld der Kreuzzüge | B. Vorgeschichte und Umfeld der Kreuzzüge |
B1.1:
Der Weg zur Reichsteilung / Entstehung von Ostrom/
Byzanz: 324 - 337 n.Chr.: Konstantin der Große Kaiser und Alleinherrscher des gesamten Römischen Reiches 324 / 330 n.Chr.: Gründung Konstantinopels als neue Hauptstadt des Römischen Reiches durch Kaiser Konstantin an der Stelle der alten griechischen Stadt Byzantion. Konstantin gründete das "neue Rom" bewußt als christliche Hauptstadt im Gegensatz zum eher noch heidnischen Rom; denn unter Konstantin war (seit 313) das Christentum zur geduldeten und bevorrechtigten Religion im Römischen Reich geworden. Und die Wahl der Hauptstadt fiel auch auf die Stadt am Bosporus, weil sie z.T. in Kleinasien lag, dem Land mit den meisten frühchristlichen Gemeinden und bedeutenden griechischen Kirchenvätern. 325: Einberufung des 1. Ökumenischen Konzils von Nicaea (bei Konstantinopel) zur Klärung von umstrittenen theologischen Fragen. (Einberufung durch Kaiser Konstantin) 391: Unter Theodosius I. wird das Christentum zur alleinigen Staatsreligion im Römischen Reich 395: Ende der Reichseinheit:
Teilung
des römischen Reiches nach dem Tod von Theodosius I. unter seinen
Söhnen: Honorius regiert den Weströmischen Teil (mit Rom
als Hauptstadt, seit 404 Ravenna) und Arcadius regiert den
Oströmischen
Teil (mit. Konstantinopel als Hauptstadt.
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Palästina
und Jerusalem gehörte lange Zeit zum Römischen Weltreich,
wie schon zur Zeit Jesu.
395: Nach der Teilung des römischen Reiches gehörte Palästina zu Ostrom, zum (später so genannten) Byzantinischen Reich. 635/638 erobern die muslimischen Araber Palästina mit Jerusalem; zum ersten Mal sind die Heiligen Stätten in den Händen der "Ungläubigen". Wallfahrten und Besuche der Heiligen Stätten bleiben aber möglich. 945 erobern die Byzantiner Palästina zurück. 1071, mit der Niederlage der Byzantiner in der Schlacht bei Manzikert, geht auch Palästina an die türkischen Seldschuken verloren. 1099, mit der Gründung der Kreuzfahrerstaaten und des Königreichs Jerusalem, gehört Palästina weitgehend zur lateinischen Christenheit. 1144: Rückeroberung
der Grafschaft Edessa durch die Muslime
1291: Ende der Kreuzfahrererwerbungen: Akkon wird von den Mameluken erobert. Mit Akkon geht der letzte der Kreuzfahrerstaaten in Palästina für die lateinischen Christen verloren. Palästina bleibt Teil islamischer Reiche, meist des Osmanischen Reiches, bis ins 20. Jahrhundert. |
B1.2:
Byzanz ab 395: Frühbyzantinisches Reich
Byzanz ist heute im Westen weitgehend unbekannt, ein Thema für Byzantinisten auf Byzantinistenkongressen. Dabei war Byzanz über Jahrhunderte das Weltreich am Mittelmeer, auch noch zu der Zeit als Westrom und seine Nachfolgereiche nicht viel mehr als armselige Barbarenreiche waren. Am bekanntesten geblieben ist der Name Byzanz (der übrigens erst von Humanisten des 16. Jhdt. für das Oströmische Reich eingeführt wurde) noch in Verbindung mit der griechisch-orthodoxen Kirche und die byzantinischen Kunst [Bild (Marke Österreich, 1981): Internationaler Byzantinistenkongress; Trinitätsdarstellung aus einer byzantinischen Handschrift des Neuen Testaments] Besonderheiten des byzantinischen
Reiches:
527 - 565: Justinian gilt als bedeutendster Kaiser Ostroms. Unter ihm erreicht das oströmischen Weltreich seine größte Ausdehnung. Fast alle Gebiete um das Mittelmeer (auch Italien, Südspanien und Nordafrika) gehören - wenigstens für kurze Zeit - zu Byzanz. Auf Justinian geht auch die Kodifizierung des römischen Rechts zurück (corpus iuris civilis). Und der prächtige Ausbau der Hauptstadt Konstantinopel: Die Hagia Sophia, einer der großartigsten Kirchbauten, wird unter Justinian gebaut. (s.rechte Spalte) |
.
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B1.4:
Byzanz ab 610: Mittelbyzantinisches Reich
634 - 640: Eroberung der byzantinischen Provinzen in Syrien und Palästina durch die muslimischen Araber (Rückeroberung durch Byzanz ab 945) 720 - 843: "Finsteres Zeitalter"; Bilderstreit erschüttert Byzanz 867: Lösung der orthodoxen Kirche von Rom durch den orthodoxen Patriarchen Photius von Konstantinopel 976 - 1025: Unter Kaiser Basileios II (dem "Bulgarentöter") neuer Höhepunkt byzantinischer Machtentfaltung: Bulgarien wird byzantinische Provinz. Der orthodoxe Glaube breitet sich in Russland aus; die russische Kirche wird dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellt. 1054: Großes
Schisma zwischen griechisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche:
Trennung von griechisch-orthodoxer (byzantinischer, oströmischer)
und römisch-katholischer Kirche (Gegenseitige Exkommunikation), ausgelöst
durch unterschiedliche rituelle Gebräuche und durch unterschiedliche
dogmatische Positionen ("filioque"); dahinter steht aber der Universalanspruch
beider Kirchen. -
1071: Niederlage der Byzantiner bei Manzikert gegen die türkischen Seldschuken; Vordringen der Seldschuken nach Kleinasien 1080: Die Seldschuken beherrschen große Teile Kleinasiens und errichten hier das Sultanat von Ikonium (Rum). 1095: März 1095: Byzantinisches Ersuchen um Hilfe gegen die Seldschuken an Westrom beim Konzil von Piacenza 1096: Beginn des Durchzugs der Kreuzfahrer durch Kleinasien (s.u.) 1204: Eroberung
und Plünderung des byzantinischen Konstantinopel durch die
Kreuzfahrer im 4. Kreuzzug;
1204: Zerschlagung des byzantinischen Reiches und Bildung des lateinischen Kaiserreiches vor allem in Griechenland und Entstehung einiger kleinerer griechischer Kaiserreiche in Kleinasien, z.B. das Kaiserreich Nikaia. |
B
3: Entwicklung der Islamischen Reiche ab 622
622: Hedschra(Auswanderung) Mohammeds von Mekka nach Medina; Beginn der islamischen Zeitrechnung.; 632: Tod Mohammeds.
634 - 640: Eroberung der byzantinischen Provinzen in Syrien (Damaskus 835) und Palästinas (Jerusalem 638) durch die muslimischen Araber unter Kalif Omar 698ff: Eroberung ganz
Nordafrikas (von Ägypten bis nach Karthago und Marokko) durch
die Omaijaden
732: Schlacht von Tours und Poitiers in Frankreich, bei der die Franken unter Karl Martell über die arabischen Heere siegen, stoppt das weitere Vordringen der islamischen Reiche im Westen 850 (ca): Vordringen der türkischen Seldschuken nach Westen; sie bilden bald Palastgarden an den meisten islamischen Höfen, ihre Führer übernehmen bald die Macht. 1000 (ca): Vordringen der türkischen islamischen Seldschuken nach Kleinasien 1071: Niederlage der Byzantiner bei Manzikert gegen die türkischen Seldschuken 1080: Die Seldschuken beherrschen große Teile Kleinasiens und errichten hier das Sultanat von Ikonium (Rum) 1096: Beginn des Durchzugs
der Kreuzfahrer durch Kleinasien (s.u.);
1171 - 1250: In Ägypten
herrscht die Dynastie der Ajjubiden, begründet 1171 durch den Kurden
Saladin.
1223:(ca.): Im Ansturm
der Mongolen löst sich das Reich der Seldschuken auf.
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B1.5:
Byzanz von 1261 - 1453: Spätbyzantinisches Reich
1261: Wiedererrichtung des byzantinischen Reiches vom Königreich Nikäa aus, wieder mit Konstantinopel als Hauptstadt 1349: Reduktion des byzantinischen Reiches auf Konstantinopel 1453: Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen (Mehmet II.); Ende des Oströmischen Reiches/ Ende von Byzanz. |
Entwicklungen
der Islamischen Reiche ab 1261:
1291: Rückeroberung des letzten Kreuzfahrerstaates Akko durch die Muslime 1301 erklärt sich Osman I. zum Sultan und wird zum Begründer des Osmanischen Reiches, das sich bald um das ganze östliche Mittelmeer ausbreitet. 1349: Das Osmanische Reich besetzt fast ganz Kleinasien. Nur Konstantinopel wird zunächst noch von Byzanz gehalten. 1453: Eroberung
von Konstantinopel durch die Osmanen / Beginn des Osmanischen Weltreiches
mit Istanbul als Hauptstadt.
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C.
Die 7 Kreuzzüge in den Vorderen Orient u.a.
1. Kreuzzug (1095/96 - 1099) Der 1. Kreuzzug war der wichtigste und - jedenfalls in der Perspektive der Kreuzfahrer und des Papstes - der erfolgreichste. Er führte zur "Befreiung" Jerusalems und zur Gründung der Kreuzfahrerstaaten. Allerdings war es kein nachhaltiger Erfolg. Hier eine kurze Chronologie der Ereignisse: 1074: Nach der Niederlage der Byzantiner in der Schlacht von Mantzikert gegen die Seldschuken plant Papst Gregor VII. an der Spitze eines abendländischen Ritterheeres den griechischen Christen zu Hilfe zu kommen. Ziel sollte dabei auch die Wiedervereinigung der griechischen und der römischen Kirche sein die seit 1054 getrennt waren. - Dieser Kreuzzug kam nicht zustande. 1095: März 1095: Beim Konzil von Piacenza in Italien wird ein Byzantinisches Hilfeersuchen an die lateinische Westkirche überbracht: Byzanz ersucht um Hilfe gegen die islamischen Seldschuken die nicht nur Palästina sondern bereits fast ganz Kleinasien erobert haben 1095: November 1095: Kreuzzugsaufruf Papst Urban II. beim Konzil von Clermont zur Befreiung des von den Heiden besetzten "Heiligen Landes". In dem Kreuzzugsaufruf an die Ritter und Fürsten versprach Urban II. den Kreuzfahrern großen Lohn: "Wer allein aus Frömmigkeit und nicht um Ehre oder Gewinn willen nach Jerusalem eilt, um die Kirche Gottes zu befreien, der kann mit dieser Reise alle Bußen abgelten." In begleitenden Predigten rief Urban II. die Ritter zu den Waffen gegen die Ungläubigen die in grauenhaften Farben gemalt wurden. -. Denen die zum Kreuzzug nach Jerusalem bereit waren sollte zeremoniell ein Kreuz verliehen werden, sie waren crucesignati, "mit dem Kreuz Bezeichnete". Die Resonanz auf den Kreuzzugsaufruf
war gewaltig, auch wenn die Motive der Kreuzfahrer sehr gemischt
waren: Für manche war es eine fromme Pilgerfahrt in der Tradition
der bisherigen Wallfahrten, manche lockte das kriegerische Abenteuer, und
viele lockte die Aussicht auf reiche Beute und der Gewinn von eigenem Land
und eigener Herrschaft (was in Westeuropa mit seiner Übervölkerung
nur noch schwer zu erreichen war).
1096, ab August 1096: Aufbruch der einzelnen Ritterheere, die meist aus Frankreich kommen (s. unten die Karte). Sie werden nicht von Königen angeführt (Heinrich IV. und Philipp I. von Frankreich waren gerade gebannt), sondern von Fürsten wie Robert von der Normandie, Gottfried von Bouillon, Balduin von Flandern u.a.. Manche Ritter müssen zunächst ihren Besitz verkaufen oder verpfänden um die Mittel für den Kreuzzug aufzubringen: für die Pferde, die Rüstung, die Verpflegung und sonstigen Unterhalt während des Kreuzzugs. - Die verschiedenen Heere ziehen meist auf dem Landweg nach Konstantinopel, wo sich die verschiedenen Heere sammeln. Insgesamt sollen es mehrere 10.000 Mann gewesen sein. [Eine Schätzung nennt beim 1. Kreuzzug 4.500 Ritter und 30.000 Mann Fußvolk; nach Tyerman (Buchtitel s.unten) waren es 50.000 - 70.000 Mann.] 1097: Zug der Kreuzfahrer durch Kleinasien. Nach der siegreichen Einnahme von Nikaia besiegen die Kreuzfahrer in der Schlacht bei Dorylaion den Sultan von Ikonium. Damit ist der Weg frei nach Syrien und Palästina. 1098: Eroberung Antiochiens in Syrien und Errichtung des Fürstentums Antiochien und der Grafschaften Edessa und Tripolis als Kreuzfahrerstaaten (s. unten auf der Nebenkarte).. Aber der größte Teil der Kreuzfahrer zieht weiter ins "Heilige Land", nach Jerusalem. 1099: Am 15.Juli 1099
gelingt den Kreufahrern die
Eroberung Jerusalems nach 5 Wochen Belagerung.
"In der Stadt verfolgten und töteten unsere Pilger die Sarazenen bis zum Tempel Salomos, wo sie sich versammelten und während des ganzen Tages den unseren den wütendsten Kampf lieferten, sodaß der ganze Tempel von ihrem Blut triefte. Endlich, nachdem sie die Heiden niedergezwungen hatten, fingen die unseren im Tempel eine große Anzahl Kinder und Frauen und töteten sie oder ließen sie am Leben, wie es ihnen gut dünkte... Die Kreuzfahrer liefen bald durch die Stadt, rafften Gold, Silber, Pferde, Mulis zusammen und plünderten die Häuser, die vor Reichtum überflossen. Danach, glücklich und vor Freude weinend, gingen die unseren zum Grab unseres Heilands Jesus Christus und entledigten sich ihrer Schuld gegen ihn. Am anderen Morgen stiegen sie auf das Dach des Tempels, griffen die Sarazenen an, Männer und Frauen, und enthaupteten sie mit gezogenem Schwert." (zitiert nach Le Goff, Das Hochmittelalter, Fischer Weltgeschichte Band 11, S. 137). Das Königreich Jerusalem wird unter Gottfried von Bouillon gebildet. (Nach dessen Tod wird sein Bruder Balduin von Boulogne zum König von Jerusalem; er herrscht von 1100 bis 1118). Zum Königreich Jerusalem gehörte damals das ganze Gebiet des heutigen Israel und Palästina und noch ein Teil des heutigen Libanon (s. unten die "Nebenkarte") Die wichtigen Küstenstädte waren Teil des Königreichs Jerusalem: von Beirut im Norden über Akkon, Caesarea, Jaffa bis Askalon im Süden.
Im
ganzen Gebiet des Kreuzfahrerstaates und an den wichtigen Küstenstädten
wurden - wie in den anderen Kreuzfahrerstaaten - Kreuzfahrerburgen
gebaut, deren imposante Überreste noch erhalten sind: Burgen zur Sicherung
der Herrschaft, zur Verteidigung, auch zur Verwaltung des feudalen Herrschaftsgebietes.
Solche Kreuzfahrerburgen standen etwa in Montfort bei Akkon oder
in Athlot an der Küste bei Caesarea.
[Bild (Marke Israel, 2006):
Reihe "Kreuzfahrerfestungen im Gebiet des heutigen
Staates Israel": Kreuzritter mit Segelschiff, im Hintergrund Andeutung
der Kreuzfahrerburg Athlot /Athlit an der Küste bei Caesarea]
1099: Gründung der Bruderschaft der Johanniter in Jerusalem; 1113: Anerkennung des Johanniterordens (1130 wird er zum Ritterorden) 1120: Gründung des
Templerordens
in Jerusalem zum Schutz der Pilger
2. Kreuzzug (1147 - 1149): 1144: Die Eroberung von Edessa durch den Emir von Mossul macht diesem Kreuzfahrerstaat ein Ende. Sie war der Auslöser für den 2. Kreuzzug. 1147: Der 2. Kreuzzug
wurde von 2 Königen angeführt: der Staufer Konrad III.
und Ludwig VII. von Frankreich haben sich, auch unter dem Einfluss des
leidenschaftlichen Kreuzzugspredigers Bernhard von Clairvaux, entschlossen
das Kreuz zu nehmen.
1187: Sultan Saladin vernichtet
die Armee des Königreichs Jerusalem in der Schlacht von Hattin; Jerusalem
fällt an Saladin.
1188: Kaiser Friedrich Barbarossa stellt sich an die Spitze des nächsten Kreuzzuges, dessen Ziel vor allem die Wiedergewinnung Jerusalems war. Das Hauptheer der Kreuzfahrer zieht auf dem Landweg über Kleinasien nach Palästina. An diesem Kreuzzug waren wohl auch einige der Minnesänger und ritterlichen Dichter dabei (z.B. Friedrich von Hausen, Albrecht von Johannesdorf und auch Hartmann von Aue). Lieder zum Kreuzzug und auf den Tod Barbarossas sind mehrere überliefert. [Bild (Marke Liechtenstein, 1963): Minnesänger Hartmann von Aue, aus der Manesseschen Liederhandschrift] Der 3. Kreuzzug war auch für Ludwig Uhland, den Tübinger Dichter der Schwäbischen Dichterschule im frühen 19. Jhdt., Rahmen seiner bei Schwaben sehr populär gewordenen Heldenballade "Schwäbische Kunde". In ihr dichtet er von den Strapazen und Gefahren der Kreuzfahrer auf ihrer langen Reise nach Palästina und von ihren Heldentaten gegen die Türken. Hier einige Verse daraus: Schwäbische Kunde (Ludwig Uhland) Als Kaiser Rotbart lobesam
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
Der wack're Schwabe forcht'
sich nit,
(Das ganze Gedicht ist im "Lexikon" bei Ludwig Uhland wiedergegeben.) 1190: Die Kreuzfahrer unter Friedrich Barbarossa erringen in Kleinasien einen glänzenden Sieg über die Muslime bei Ikonium im Südosten Anatoliens.
1190:
Kurz nach dem Sieg der Kreuzfahrer bei Ikonium und kurz bevor das Heer
mit Barbarossa Palästina erreicht stirbt Kaiser Friedrich I. Barbarossa
in Kleinasien. Er ertrinkt im Fluss Kalykadnus (Saleph) in Kilikien / Kleinasien.
Als Todestag wird angegeben: 10.6.1190:Tod von Friedrich I. Barbarossa
in Kleinasien.
[Bild
(Briefmarke BRD, 1980): Reichstag zu Gelnhausen 1180: Kaiser Friedrich I. mit
seinen Söhnen König Heinrich VI. und Herzog Friedrich von Schwaben; Miniatur aus
der Welfenchronik, 12. Jhdt.] 1191: Akkon wird 1191
von den anderen Kreuzfahrergruppen eingenommen: den Kreuzfahrern unter
Richard
Löwenherz, König von England, und unter Philipp II. August,
König von Frankreich.
1190/1198: Gründung des Deutschen Ordens in Akkon. [Bild (Briefmarke BRD, 1990): 800 Jahre Deutscher Orden, gegründet 1190; links Siegel des Obersten Spittlers von 1400, und rechts das Amtswappen des Hochmeisters des Deutschen Ordens von 1982 mit dem alten Zeichen der Ritter des Deutschen Ordens, mit dem sie auch in den Kampf gegen die Ungläubigen zogen: das schwarze Kreuz auf weißem Grund] [Entwurf der Briefmarke: Lüdtke] [4. - 7. Kreuzzug: siehe rechte Spalte: 4.Kreuzzug] |
C.
Die 7 Kreuzzüge in den Vorderen Orient u.a.
4. Kreuzzug (1202 - 1204): 1197: Kaiser Heinrich VI, Sohn und Nachfolger Friedrich Barbarossas, der auch Herr des Normannenreiches in Sizilien war, hatte einen weiteren Kreuzzug geplant, dessen Ziel aber nicht nur die Rückgewinnung des Heiligen Landes war sondern auch die Eroberung des byzantinischen Reiches (was ein altes Ziel des Normannenreiches war). Durch den plötzlichen Tod Heinrichs VI. fand dies Unternehmen nicht statt; - die Zielrichtung gegen das byzantinische Reich blieb aber im 4. Kreuzzug erhalten. 1198: Papst Innozenz III.
ruft zum 4. Kreuzzug auf. Es wird dabei auch denen Erlass der Bußen
verheißen die den Kreuzzug mit Spenden unterstützen. Die Finanzierung
der Kreuzzüge wurde zu einem zunehmenden Problem!
1202: Beginn des 4. Kreuzzuges, an dem vor allem große Teile des französischen Adels teilnehmen. Bald kommt es zu einer folgenschweren Änderung des Kreuzzugzieles: Sollte dies zunächst Ägypten sein (der Sitz der islamischen Ajjubiden-Dynastie, zu der auch sultan Saladin gehörte), so wurde plötzlich die Eroberung des byzantinischen Reiches und von Konstantinopel das Ziel der Kreuzfahrer. Ein Grund dafür war ein Hilferuf eines byzantinischen Prinzen Alexios, der in den Thronwirren in Konstantinopel Unterstützung für seine Thronanwartschaft suchte und dafür viel Geld und sogar Versprechungen einer neuen Kirchenunion anbot. Der wesentliche Grund war aber die Taktik der Wirtschaftsgroßmacht Venedig mit ihrem Interesse am Levantehandel: Die Kreuzfahrer benötigten Schiffe zum Transport ins Heilige Land und die bot Venedig an: Transportschiffe für 34000 Mann samt Verpflegung. Venedig stellte allerdings eine Bedingung: Ziel sollte die Eroberung von Byzanz und von Konstantinopel sein (samt der christlichen Stadt Zara in Dalmatien). Und Venedig sollte seine Handelsstützpunkte im östlichen Mittelmeer ausbauen können. - Die Pervertierung der Kreuzfahreridee war perfekt. 1203: Der Doge von Venedig führt das Kreuzfahrerheer zusammen mit dem byzantinischen Prinzen Alexios nach Konstantinopel, das erobert wird, aus dem die Kreuzfahrer 1203 aber zunächst wieder abziehen.. [Bild (Buchillustration aus Frankreich aus dem 15. Jhdt.): Kreuzfahrer auf den Venezianischen Transportschiffen nähern sich 1203 zusammen mit dem byzantinischen Prinzen Alexios der gut befestigten Großstadt Konstantinopel] 1203, im Juni 1203, erobern die Kreuzfahrer die stark befestigte Stadt Konstantinopel trotz der starken Gegenwehr der Byzantiner. - Sie ziehen allerdings zunächst noch einmal aus Konstantinopel ab. [Bild (Buchillustration aus Frankreich aus dem 15. Jhdt.): So - oder ähnlich - soll es gewesen sein als die Kreuzfahrer 1203 von den Schiffen aus die Befestigungsmauern Konstantinopels angreifen und starke Abwehr der Verteidiger überwinden müssen] 1204: Eroberung und Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer: 1204 erobern die Kreuzfahrer Konstantinopel zum zweiten Mal. Es ist eine der grausamsten und erbarmungslosesten Eroberungen. Die Stadt wird an allen Enden angezündet, barbarische Greuel und Massaker werden an der Bevölkerung verübt, Plünderungen überall; es ist die größte Plünderung des Mittelalters an Reliquien, an unermesslichen Kunst- und Wertgegenständen.. Besonders bereichert hat sich bei den Plünderungen Venedig. Im Markusdom in Venedig sind viele der Kunstschätze aus Konstantinopel aufbewahrt. Auch die Quadriga am Markusdom ist aus Konstantinopel geraubt. Es blieb aber nicht bei der
Zerstörung Konstantinopels.Das byzantinischen Reiches wurde durch
die Kreuzfahrer zerschlagen und ein lateinisches Kaiserreich errichtet,
das vor allem Griechenland umfasste und in dem Venedig seine Handelsplätze
gesichert hatte.. Es bestand bis 1261. -
1212: Kinderkreuzzug: Nach manchen Berichten gab es gleichzeitig im Jahr 1212 vom Rheinland und von Frankreich aus Kinderkreuzzüge. Sie wurden von Jugendlichen initiiert die in einer Offenbarung den Aufruf zum Kreuzzug ins Heilige Land erhalten haben wollten. An den Kinderkreuzzügen sollen jeweils etwa 9000 (überwiegend) Kinder unbewaffnet teilgenommen haben. Sie zogen nach Itelien, nach manchen Berichten kamen sie bis Marseille. Spätestens dort endete der Kinderkreuzzug erbärmlich: Fast alle Kinder starben oder wurden auf Sklavenmärkten verkauft. 5. Kreuzzug (1228 - 1229): Einige Ereignisse zur
Vorgeschichte:
1228: Beginn des 5. Kreuzzugs: Kaiser Friedrich II. zieht von Apulien aus an der Spitze eines Kreuzfahrerheeres übers Meer nach Akkon. Ziel
ist wieder die Befreiung Jerusalems.
[Bild (Marke Vatican, 1999): Jerusalem] 1229: Nach Verhandlungen (die Friedrich schon von Italien aus begonnen hatte) mit dem ägyptischen Sultan Al-Kamil (wobei Friedrichs Kenntnis der arabischen Sprache und seine Hochachtung der orientalischen Kultur eine wichtige Rolle spielten) erhält Friedrich II. in dem Vertrag vom 18.2.1229 Jerusalem und andere christliche Andachtsstätten (Bethlehem und Nazareth) sowie ihre Verbindung zur Küste; ausgenommen ist nur der für die Muslime heilige Bezirk um die Moschee in Jerusalem. Dieser Vertrag gilt erst einmal für 10 Jahre. 1229 krönt sich Friedrich in Jerusalem zum König von Jerusalem. 1230, nach dem erfolgreichen Kreuzzug, muss der Papst den Bann gegen Friedrich aufheben; es kommt zu einem Friedensschluss mit der Kurie. [Bild (Briefmarke BRD, 1994): 800.
Geburtstag von Kaiser Friedrich II.; Portrait Kaiser Friedrichs mit einem
Falken; Miniatur aus der Manfred- Ausgabe des Falkenbuches aus dem 13. Jhdt.
(Vatikanische Bibliothek)] 1244: Eroberung Jerusalems
durch die Moslems; Jerusalem ist für immer für die Christen verloren.
6. Kreuzzug (1248 - 1254): 1248: Ludwig IX., "der
Heilige", König von Frankreich, will in einem Kreuzzug Ägypten,
das Zentrum der Moslems, vernichten. Das Kreuzfahrerheer wird bei Mansura
in Ägypten vernichtend geschlagen und gerät mit Ludwig IX. in
Gefangenschaft, aus dem alle Mann nur durch hohe Lösegelder freikommen.
- Nach einem Abstecher nach Akkon kehrt Ludwig IX. 1254 nach Frankreich
zurück.
7. Kreuzzug (1270): 1270: Ludwig IX. von Frankreich:
Er
fährt nach Tunis ins Reich der islamischen Almohaden. Dort
kommt er mit einem großen Teil des Heeres um.
1291: Ende der Kreuzzüge in den Vorderen Orient - Ende der Kreuzfahrerstaaten im Orient: Akkon, der letzte noch verbliebene Rest des Königreichs Jerusalem, wird von den Mameluken erobert. Mit Akkon geht der letzte der Kreuzfahrerstaaten in Palästina und Syrien für die lateinischen Christen verloren (nur Zypern, bis 1489, und Rhodos, das bis 1523 unter der Herrschaft des Johanniterordens bleibt, bleiben länger erhalten). Was ist geblieben von den Kreuzfahrerstaaten? Am sichtbarsten die Reste der Kreuzfahrerfestungen, die über die 4 Kreuzfahrerstaaten (die gemeinsam "Outremer" = Länder jenseits des Meeresgenannt wurden) verstreut sind, am berühmtesten wohl der "Krak des Chevaliers" in der Grafschaft Tripolis in Syrien, aber auch Montfort, Athlit, Caesarea, Belvoir und viele andere. In Akkon ist auch im 20. Jhdt. eine lange verschüttete und überbaute "unterirdische Kreuzritterstadt" wieder ausgegraben worden, in der besonders die großartigen frügotischen Kreuzgewölbe des Johanniterordens an die Zeit vor 1291 erinnern. - Die gesamte Anlage wurde 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. [Bild (Marke Israel, 2007):
frühgotische Kreuzgewölbe im Refektorium im Hospital des Johanniterordens
in der unterirdischen Kreuzritterstadt in Akkon, Weltkulturerbe der UNESCO]
D: Mißerfolg
und Folgen der Kreuzzüge:
Mit dem Ende des Kreuzfahrerstaates Akkon 1291 wurde endgültig klar, dass die Kreuzzüge nicht nur ein schrecklicher Mißbrauch der christlichen Religion mit vielen Zehntausenden von Opfern an Menschenleben waren, sondern auch ein großer Mißerfolg: Das Hauptziel der Kreuzzüge, die Befreiung der Heiligen Stätten in Palästina von den Moslems und die Errichtung lateinischer christlicher Fürstentümer in Jerusalem und Palästina, wurde nicht erreicht. Das christliche Jerusalem und die Kreuzfahrerstaaten ("Outremer" genannt, die "Länder jenseits des Meeres") blieben eine kurze Episode. Und die Expansion der islamischen Reiche wurde im Vorderen Orient nicht gestoppt. (Im Gegenteil: die Kreuzzüge provozierten "Gegenkreuzzüge".) Einige Folgen der Kreuzzüge: Neben dem grundsätzlichen Mißerfolg hatten die Kreuzzüge Langzeitfolgen in verschiedenen Bereichen, positive und negative: Das Schisma, der Graben zwischen griechisch-orthodoxer, byzantinischer Ostkirche und lateinisch-katholischer Westkirche, ist vertieft und endgültig geworden. (So ist es bis heute geblieben). Der Niedergang des einstigen Weltreiches Byzanz ist vor allem durch den 4. Kreuzzug (mit der Vernichtung Konstantinopels und der Errichtung der lateinischen Kaiserreiche) beschleunigt worden. Und mit dem Ende von Byzanz verschwand auch ein "christliches Bollwerk" gegen die Ausbreitung der Osmanen von Kleinasien aus ins Abendland. Das Papsttum erlebt
als Initiator der Kreuzzüge einen Höhepunkt seiner Macht im Mittelalter;
allerdings wird auch - vor allem nach dem Desaster des 2. Kreuzzugs - die
Kritik am Papst stärker. Und der leidenschaftliche Kreuzzugsprediger
Bernhard von Claivaux erscheint vielen als falscher Prophet. -
In der Islamischen Welt lösten die Kreuzzüge Gegenreaktionen aus: Einmal änderten sich das Verhältnis zu den Christen im islamischen Herrschaftsgebiet dramatisch: Wurden bis zu den Kreuzzügen die Christen in den von islamischen Reichen eroberten Gebieten tolerant und rechtlich einigermaßen geschützt behandelt, lebten in friedlicher Koexistenz, so besannen sich die Türken nach den fanatischen und brutalen Eroberungen der Kreuzfahrer wieder auf den muslimischen Fanatismus des dschihad, des heiligen Krieges, nun auch gegen die Christen. - Und die Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen (1453) und die Vorstöße des Osmanischen Reiches ins Abendland bis Wien (1529 und 1683) lassen sich auch als eine Art "Gegenkreuzzüge" deuten. Weitere Folgen hatten die Kreuzzüge für die "Innenpolitik" des Abendlandes: Die Ritter, die Hauptträger der Kreuzzüge, formieren sich als eigener Stand mit besonderem Selbstbewußtsein und besonderer Kultur. Das abendländische Kulturbewußtsein (Architektur, Kunst, Literatur, Wissenschaft, auch Religion) wird durch die Begegnung mit der weit überlegenen byzantinischen und muslimischen Welt herausgefordert und befruchtet. Wirtschaftlich profitieren von den Kreuzzügen und vom Orienthandel vor allem die oberitalienischen Städte (besonders Venedig und Genua) und Städte in Südfrankreich. |
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Nachgeschichte 1: Das Osmanische Reich und das Abendland von 1453 - 1683:
1453: Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen (Mehmet II.); Ende des Oströmischen Reiches Istanbul (neuer Name für Konstantinopel) wird Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Die Hagia Sophia, bisher christliche Hauptkirche der Byzantiner, wird in eine Moschee umgestaltet und mit Minaretten versehen. Daneben werden in Istanbul in den kommenden Jahrzehnten weitere große Moscheen gebaut, z. B. die "Blaue Moschee" in der Nähe der Ayasofya. [Bild (Marke Türkei/Indonesien, 2008): Sultan-Ahmet-Moschee, auch "Blaue Moschee" genannt, in Istanbul, erbaut um 1610] 1453 beginnt eine Blütezeit des Osmanischen Reiches 1520 - 1566: Eine herausragende Herrschergestalt ist Suleyman I., der oft mit dem Beinamen Suleyman der Prächtige:genannt wird wegen der bedeutenden Bauten und Kunstwerke die er veranlasst hat; andere Beinamen sind Suleyman der Gesetzgeber und Suleyman der Eroberer. Suleyman hat das Osmanische Reich weit nach Osteuropa ausgedehnt bis an die Tore zum Habsburger Reich: [Bild (Marke Türkisch Zypern, 1980): Suleyman der Prächtige] 1529 stehen die Türken vor Wien und werden nur in einer großen Abwehrschlacht von den vereinten Katholiken und Protestanten zurückgeschlagen. Aber die Türken bleiben noch lange die gefährlichste Bedrohung für das Abendland. (Auch für die Protestanten: Für Martin Luther sind - nach seiner Schrift "Wider die Türken" - die Türken das Böse, der Antichrist, gegen die man - fast wie einige hundert Jahre davor - in einem heiligen Kreuzzugskrieg kämpfen muß. Dabei waren Suleyman und die Türken wohl - paradoxerweise - eher die Retter der protestantischen Länder: Wegen der Türkengefahr konnte Kaiser Karl V. nicht seinem Wunsch entsprechend gegen die protestantischen Länder vorgehen denn er brauchte ihre Unterstützung, vor allem ihre Truppen, im Kampf gegen die Türken. Auch der Augsburger Religionsfrieden kam wohl nur vor dem Hintergrund der Türkengefahr zustande.) 1571: Seeschlacht bei Lepanto: Niederlage der Osmanischen Flotte im Mittelmeer durch die westlichen Mächte. 1683: Letzter Versuch der Türken Westeuropa zu erobern; endgültige Niederlage der Osmanen bei Wien (1683: Schlacht am Kahlenberge, Entsatz von Wien). [Bild (Marke Österreich, 1983): 300 Jahre Entsatz von Wien; Bild von der Schlacht am Kahlenberge, in der die Türken endgültig zurückgeschlagen werden] |
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Nachgeschichte 2: Das Osmanische Reich und das Abendland seit 1683:
1683ff: Weitere erfolgreiche Versuche Habsburgs die Türken zurückzudrängen. Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden wird Generalmarschall, er erhält den kaiserlichen Oberbefehl gegen die Türken. (So erhält er den Beinamen "Türkenlouis" und er bringt aus jenen Kämpfen die "Türkenbeute" mit nach Baden, die heute im Badischen Landesmuseum Karlsruhe aufbewahrt wird.).:1683: Nach der Niederlage vor Wien 1683: Allmählicher Niedergang des Osmanischen Reiches und der Osmanischen Weltmacht. Immer mehr Länder gehen dem Osmanischen Reich verloren. 18. Jahrhundert ff: Neue
Sicht und Wertschätzung des Orients im Abendland:
Besonders
eindrücklich dafür ist Gotthold Ephraim Lessing und sein
Theaterstück "Nathan der Weise" (1783 veröffentlicht).
Es spielt während der Zeit der Kreuzzüge. Der muslimische Sultan
Saladin ist darin - neben dem Juden Nathan - eine der Hauptpersonen. Und
in der berühmten Ringparabel mit ihrem Aufruf zur Toleranz
wird von Lessing die mögliche Gleichberechtigung der 3 großen
Weltreligionen (Judentum, Christentum und Islam) propagiert. 1830, nach dem Freiheitskampf
der Griechen, erhält Griechenland seine Selbständigkeit vom Osmanischen
Reich
1914 tritt das Osmanische Reich an der Seite Deutschlands (zu dem sich schon länger gute Beziehungen entwickelt hatten, s. etwa den gemeinsamen Bau der Bagdad-Bahn) in den 1. Weltkrieg ein. 1918 wird das Osmanische Reich zerschlagen und die verschiedenen Gebiete werden von den Alliierten besetzt. 1920 erhält Großbritannien
vom Völkerbund das Mandat für Palästina, das bisher
Teil des Osmanischen Reiches war
1923 gründet Kemal Atatürk die neue Republik Türkei als laizistischen Staat mit Ankara als neuer Hauptstadt. |
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