WappenLexikon Geschichte Baden+Württemberg: Die Römer  in  Südwestdeutschland
philatelistisch unterstützt.  © Manfred Ebener

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Die Römer in Südwestdeutschland I:
  
(15 v.Chr. - 260 n.Chr.)

Übersicht über den Artikel in dieser Spalte:

1. Die Römer in Südwestdeutschland: Einleitung

2. Römische "Kaiser" und Römisches Reich:
   
Daten  von ca. 40 v.Chr. bis 290 n.Chr. ,
vor allem mit Blick auf Germanien:
  
- bis 44 v. Chr.: Caesar
  
- seit 27 v. Chr.: Augustus

   - seit 41 n.Chr.: Claudius
   - seit 69 n.Chr.: Vespasian
   - seit 81 n.Chr.: Domitian
   - seit 98 n.Chr.: Traian
   - seit 117 n.Chr.: Hadrian
   - seit 138 n.Chr.: Antoninus Pius
   - seit 161 n.Chr.: Marc Aurel
   - 3. Jhdt. n.Chr.: u.a. Caracalla, Maximinus Thrax und die Überwindung des Limes durch die Alamannen
   - seit 284 n.Chr.: Diocletian


3. Literaturhinweis zum Römischen Kaiserreich



1. Die Römer in Südwestdeutschland (ca. 15 n.Chr. bis 260 n.Chr.)
Einleitung

Die Römer waren eine bestimmende Macht in Südwestdeutschland für etwa 275 Jahre, von 15 n. Chr. bis 260 n. Chr. In dieser Zeit waren Teile Südwestdeutschland von den Römern besetzt, besiedelt und gestaltet.

Allerdings war die Provinz Obergermanien (= Germania Superior) immer nur Rand- und Grenzgebiet des römischen Reichs.

Porta Nigra TrierHier entstanden keine für das Römerreich bedeutende Weltstädte wie etwa Colonia (=Köln) und andere Städte am Rhein, oder Augusta Treverorum (=Trier), das unter Konstantin sogar einige Zeit Hauptstadt des römischen Weltreichs war.

[Bild (Briefmarke BRD, 1984: 2000 Jahre Stadt Trier, gegründet um 16 v.Chr.; Porta Nigra in Trier, unter den Römern um 180 n.Chr. erbautes Stadttor]
[Entwurf der Briefmarke: Otto Rohse]

Aber es entstand in Südwestdeutschland für 2 Jahrhunderte ein von Rom (genauer: von den römischen Soldaten und ihren Hilfstruppen, von Veteranen auch aus den Nachbarländern,) dicht bebautes, gestaltetes und besiedeltes Gebiet, von dem es eine sehr große Zahl von archäologischen Spuren im Land gibt: Spuren von römischen Strassen, Kastellen, Limes-Überresten, Siedlungen, Bauernhöfen (villa rustica), Denkmälern u.v.a. -

Als Caesar (60-44 v. Chr.) Gallien eroberte blieb der Rhein noch, von 2 Stippvisiten Caesars nach Germanien abgesehen, Westgrenze des römischen Reiches zu Germanien. Wie kam es dann dazu, dass später auch rechtsrheinische Gebiete, vor allem Südwestdeutschland, von den Römern besetzt wurde? Und: Wie kam es dazu, dass die Römer gegen 260 n.Chr.  Südwestdeutschland wieder aufgaben und das Land von den Alamannen besiedelt werden konnte?

Hier werden zunächst in dieser Spalte einige Daten zur Entwicklung des Römischen Reiches mit Konsequenzen für Südwestdeutschland kurz aufgelistet, ehe dann in der rechten Spalte die einzelnen Aspekte der Besetzung Südwestdeutschlands durch die Römer etwas detaillierter beschrieben werden.



2. Römische Herrscher und die Erweiterung des Römischen Reiches
   
von ca. 40 v.Chr. bis 290 n.Chr., vor allem im Blick auf Germanien


Bis 44. v.Chr.: Julius Caesar
Julius Caesar aus dem Geschlecht der Julier war seit 44 Diktator und Imperator des römischen Reiches. Er wird nach einer Verschwörung am 15.3.44 v.Chr., an den Iden des März, ermordet.
Caesar hatte zuvor Gallien für die Römer erobert. Der Rhein war seitdem die Grenze des Römischen Reiches.

[Bild (Marke Italien,1928ff): Gaius Julius Caesar, 100 v. Chr. - 44.v.Chr.]

Caesar hatte noch 1 Jahr vor seiner Ermordung Gaius Octavius, den späteren Kaiser Augustus, als Sohn adoptiert.


31/27 v.Chr. - 14. n.Chr.: Augustus

Octavian, Adoptivsohn Caesars, läßt sich zum "Princeps" wählen (der Kaisertitel und der Titel Imperator wurde erst später vergeben) und erhält den Namen Augustus (= "der Erhabene").
[Es ist der Augustus, von dem nach der Weihnachtsgeschichte des Lukas-Evangeliums der Bibel die Volkszählung veranlasst worden sein soll, die die Eltern des späteren Jesus nach Bethlehem gebracht haben soll.]

Zu Beginn seiner Alleinherrschaft umfasst das Reich des Augustus ein riesiges Gebiet um das Mittelmeer: Italien als Kerngebiet, dazu im Westen das heutige Spanien und das durch Caesar eroberte Gallien (Frankreich) bis zum Rhein. Im Osten erstreckte sich das römische Reich über Dalmatien, Griechenland, nach Asia (einem Großteil der heutigen Türkei, dazu Syrien und Judäa um Jerusalem). In Nordafrika gehört Numidien, das Land um Karthago (heute Tunesien), zum römischen Reich und Cyrene (heute Libyen). (Ägypten wird erst von Augustus dazuerworben. Außerdem erwirbt Augustus Illyrien und Pannonien, das sind etwa die Gebiete des heutigen Ungarn und anderer Balkanländer. Das Gebiet des heutigen Österreich wird als Provinz Noricum dem Reich eingegliedert.)

- 16 v.Chr.: Augustus läßt an der Rheingrenze große Legionärslager errichten, aus denen später große Städte mit römischen Wurzeln entstehen, z.B. Mainz, Koblenz, Bonn, Köln, Neuss.

- 15 v.Chr.: Im Auftrag des Augustus unterwerfen Tiberius und Drusus die Alpenvölker (keltische Helvetier) bis zur oberen Donau. Die Provinz Rätien wird gegründet.
Sie umfasst einen Großteil der heutigen Schweiz und das Voralpenland.  Die Nordgrenze Rätiens wird bis zur Donau vorgeschoben..
AugustusAugsburg (=Augusta Vindelicum) wird zur Hauptstadt der Provinz Rätien.

[Bild (Briefmarke BRD, 1985): 2000 Jahre Augsburg, gegründet um 15 v.Chr. zur Zeit des Kaiser Augustus als Augusta Vindelicum; Bronzebüste des Kaiser Augustus, wichtige Bauwerke Augsburgs, Stadtwappen]
[Entwurf der Briefmarke: Vollbracht]

- 9.n.Chr.: Tiberius und Drusus wollen / sollen auch die Germanenstämme rechts des Rheins besiegen, das Römische Reich bis zur Elbe ausdehnen.
In der "Varusschlacht", meist als Schlacht im Teutoburger Wald bezeichnet, werden die Römer 9 n.Chr. geschlagen: Der römische Feldherr Quinctilius Varus sollte im Auftrag von Kaiser Augustus die weiten Gebiete Germaniens besetzen, er wurde aber mitsamt 3 hochgerüsteten Legionen von den Germanen unter Führung des Cheruskerfürsten Arminius (auch: Hermann) vernichtend geschlagen. Nach diesem Wendepunkt geben die Römer das Ziel der Ausdehnung nach Germanien bis zur Elbe auf.

Nach der verlorenen Varusschlacht wird auch Obergermanien von den Römern erst einmal aufgegeben.


14 n.Chr. - 37 n.Chr.: Tiberius
37 n.Chr.
- 41 n.Chr.: Caligula


Kaiser Claudius41 n.Chr. - 54 n.Chr.: Claudius:

-
Unter Claudius wird der Süden Britanniens erobert und  die Provinz Britannien errichtet.
-
Im Blick auf Südwestdeutschland werden unter Claudius die Grenze der oberen Donau und der Rheinübergang durch Kastelle gesichert.

[Bild (Marke Großbritannien, 1993): Portrait Kaiser Claudius auf einer Goldmünze, gefunden in Bredgar in Britannien]


54 n. Chr. - 68 n.Chr.: Nero

68 n,Chr: Galba, Otho, Vitellius (regieren jeweils kurze Zeit zwischen 68 und 69, "Vierkaiserjahr")


69 n.Chr. - 79 n.Chr.: Vespasian.

Unter Vespasian beginnt  die Besetzung des Neckarlandes (in dem vermutlich nur noch wenige Kelten lebten, da sich die meisten schon wegen der andrängenden Germanen ins Gebiet der heutigen Schweiz zurückgezogen hatten), die Sicherung des Landes durch Kastelle, und der Bau guter Straßenverbindungen zwischen Donau und Rhein. Der Grund war wohl vor allem ein strategischer: Um Truppenbewegungen zwischen den weit auseinanderliegenden römischen Unruheprovinzen durchführen zu können war eine möglichst kurze Straßenverbindung wichtig. Die wurde bisher durch den keilförmig ins römische Gebiet hereinragende fremde Gebiet zwischen Rhein und Donau verhindert. - Konkreter Anlass war wohl ein Aufstand der Batavier (im Gebiet der heutigen Niederlande), zu dem dringend Truppen aus Südosteuropa gelangen sollten.

79 n.Chr.: Ausbruch des Vesuv; Zerstörung Pompejis


79 n.Chr. - 81 n.Chr.: Titus:
[Er ist mehr dafür bekannt, dass unter ihm der Aufstand in Palästina / Judäa niedergeschlagen wird, der Tempel in Jerusalem zerstört und den Juden verboten wird in Jerusalem zu leben.]

81 n.Chr. - 96 n.Chr.: Domitian.

Domitian war ein besonders grausamer Kaiser. [In seiner Zeit schreibt übrigens Tacitus das später so berühmt gewordene "Germania".]
Unter Domitian wird der Neckarlimes als neue Grenze in Obergermanien errichtet.

Vermutlich beginnt schon in dieser Zeit die Besiedlung des Landes hinter dem Limes und seinen Kastellen und auch der planmäßige Verwaltungsaufbau mit seinen Bauernhöfen (Villa rustica), seinen Siedlungen und den Verwaltungsorten (vici).

96 n.Chr. - 98 n.Chr.: Nerva


Traian98 n.Chr. - 117 n.Chr.: Trajan.

Bei ihm steht der Sieg über die Dakier im heutigen Rumänien, ein bis dahin noch weißer Fleck auf der römischen Landkarte, im Vordergrund. Außerdem erweiterte er im Osten das Reich durch die Kriege mit den Parthern durch die Einnahme Armeniens, Assyriens und Mesopotamiens. Trajan läßt sich für seine Siege auf vielen Trajanssäulen feiern. - Aber es wird schon deutlich dass das Riesenreich kaum mehr regierbar ist.

[Bild (Marke Rumänien, 1975): Kaiser Trajan, regiert von 98 - 117 n.Chr.]


Hadrian117 n.Chr. - 138 n.Chr.: Hadrian.

Hadrian ist mehr auf Sicherung des Reiches bedacht. Er gibt die Gebiete im Osten (Armenien, Assyrien und Mesopotamiens) wieder auf. Im Westen bemüht er sich um die Sicherung und Befestigung der Grenzen zu den eindringenden Germanengruppen.

[Bild (Marke Großbritannien 1993): Portrait Kaiser Hadrian, Bronze gefunden in der Themse in Britannien]

- Unter Hadrian wurde in Britannien an der Grenze zum heutigen Schottland der HadrianswallHadrianswall gebaut, der durchaus mit dem Limes in Südwestdeutschland vergleichbar ist. (Der Hadrianswall wurde auch gemeinsam mit dem Limes zum Weltkulturerbe ernannt.)
- Unter Hadrian wurde der Rätische Limes ausgebaut, mit dessen Bau schon unter Trajan begonnen worden war.

[Bild (Marke Italien, 2009): Hadrianswall im Norden von Britannien.]


138 n.Chr. - 161 n.Chr.: Antoninus Pius.

Unter Antoninus Pius, wird der Neckar-Odenwald-Limes um etwa 30 km vorverlegt (s. unten). Der strategische Grund für diese Veränderung ist unklar.


161 n.Chr. - 169: Lucius Verus

161 n.Chr. - 180 n.Chr.: Marc Aurel.

Zur Zeit Marc Aurels waren die Römer mit einem langdauernden Krieg gegen die Markomannen beschäftigt, die von Norden die Donau überschritten hatten und in Rätien eingebrochen waren. Erst 180 waren die Markomannen abgewehrt.


Nach Marc Aurel wird die Herrschaft der Römischen Herrscher immer chaotischer. Am schwierigsten war das zur Zeit der sog. "Soldatenkaiser", wo gelegentlich auch mehrere Herrscher in einem Jahr an der Macht waren; es waren auch meist "Kaiser" die nicht aus Rom kamen, sondern aus den Heeren der  früheren Hilfstruppen im Osten oder im Westen.
Unten werden nur noch die Namen der Herrscher aufgereiht, die meist unbedeutend waren, durch die Ermordung des amtierenden Herrschers an die Macht kamen, und meist nur eine kurze Regierungszeit hatten.

Herrscher seit Marc Aurel (mit Beginn der Regierungszeit):

Commodus (seit 180), Pertinax (192), Didius Julianus (193), Septimius Severus (193 - 211);
Caracalla (211 - 217), Geta (211), Macrinus (217), Eingabal (218), Severus Alexander (222 - 235), Maximinus Thrax (235 - 238), Gordian I., Gordian II, Pupienus, Balbinus, Gordinian III. (alle 238), Philippus Arabs (244), Decius (251), Trebonianus Gallus (251), Aemilianus, Valerian (beide 253), Gallienus (260), Claudius Gothicus (268), Quintilius, Aurelian (beide 270), Tacitus (257), Florianus, Probus (beide 276), Carus (282), Carinus (283), Numerianus (283), Diocletian (284 - 305).


Im 3. Jahrhundert, in der Zeit der schlimmsten Herrschaftskrise der Römer und der größten Überforderung des Römischen Reiches, löste sich die Sicherheit der Bevölkerung im "Dekumatenland" hinter dem Limes auf, bis der Limes um 260 von den römischen Truppen vor den vordringenden Alamannengruppen ganz aufgegeben wurde:


213 regierte in Rom als Kaiser Marcus Aurelius Severus Antoninus, genannt Caracalla (reg. 211 - 217), ein besonders brutaler Tyrann. (So ließ er 211 seinen Bruder und Mitkaiser zur Beseitigung des möglichen Konkurrenten gleich brutal ermorden.)

Bekannt ist Caracalla - außer als Soldat - auch noch geworden durch den Weiterbau und die Fertigstellung der römischen Thermalbäder, die als "Caracalla-Thermen" mit seinem Namen verbunden wurden. (Vermutlich ließ Caracalla auch die Thermen im heutigen Baden-Baden ausbauen und hat sie wohl auch genutzt.)
Bedeutung hat Caracalla auch gewonnen durch ein wichtiges Gesetz, durch das alle freien Männer, die im Bereich des römischen Reiches lebten, römische Vollbürger werden konnten (ein Gesetz, das wohl vor allem mehr steuerpflichtige Bürger schaffen sollte).  -

Vor allem bekannt ist Caracalla aber als Soldat und Kriegsführer zum Beispiel am Limes, wo ihm seine Erfolge auch den Titel "Germanicus Maximus" einbrachten:

213, als in Rom Caracalla regiert, erscheinen immer mehr Gruppen von Alamannischen Reiterkriegern aus dem Land jenseits des Limes und dringen ins Gebiet südlich und westlich des Limes ein; sie konnten wohl von den Soldaten am Limes zunächst nicht gehindert werden. (Übrigens taucht in diesem Zusammenhang zum ersten Mal bei dem griechisch-römischen Geschichtsschreiber Cassius Dio der Name "Alamannen" auf, der vorher bei den Römern nicht bekannt war.)
Caracalla bekämpft die eingedrungenen Alamannen von Rätien aus. Er zieht ein großes Heer zusammen, vermutlich in und um das größte Reiterkastell am Limes, das Kastell bei Aalen. Mit diesem Heer verfolgt er die Alamannen bis an den Main und schlägt sie weit zurück.
Dieser Caracallafeldzug von 213, der im Jahr 2013 vor 1800 Jahren stattfand, wird um Aalen im Jahr 2013 ausführlich "gefeiert" und nachgestellt und nacherlebt. Er gilt auch als wichtiges landesgeschichtliches Ereignis: als erstes zeitlich genau bekanntes und nachweisbares Ereignis im Gebiet Baden-Württembergs.

- Weitere Web-Informationen zum Caracalla-Feldzug:
http://www.caracallafeldzug.de

Unter Caracalla wurden später auch noch die Palisaden des rätischen Limes durch eine massive, etwa zweieinhalb Meter hohe Mauer ersetzt.
Gestorben ist Caracalla bereits 217, "standesgemäß" ermordet auf einem Kriegszug gegen die Parther im Osten des römischen Reiches.


233, unter Severus Alexander, stoßen die Alamannen erneut vor, bis in die Gegend von Cannstatt. Severus Alexander ist zunächst mit dem Krieg in Syrien beschäftigt; er wird von den römischen Soldaten aus dem Limes-Gebiet gedrängt die Alamannen zurückzuschlagen.

235
schlägt Severus Alexander einige kleinere Schlachten gegen Alamannengruppen; dann will er, des Kämpfens müde, mit den Alamannen Verhandlungen aufnehmen. Daraufhin kommt es unter den römischen Soldaten zu einer empörten Soldatenrevolte, Severus Alexander wird bei Mainz von seinen Soldaten ermordet.

An der Stelle des ermordeten Severus Alexander wird von den Soldaten Maximinus Thrax zum neuen Kaiser ausgerufen.
(Maximinus Thrax war der erste Römische "Kaiser", der nicht aus Rom stammte. Er stammte aus Thrazien, worauf schon sein Beiname Thrax hinweist. Und: Mit ihm beginnt auch die chaotische Zeit der Soldatenkaiser, d.h. der Kaiser die vom Heer, oder von einem Teil des Heeres, von den Soldaten, zum Kaiser gemacht werden.)
236, unter Maximinus Thrax, werden die Alamannen durch persische Panzerreiter noch einmal zurückgeschlagen. Einige der zerstörten Limeskastelle werden wieder aufgebaut.

254 kommt es zu neuen Überfällen der Alamannen, die nach Rätien und in die Nordschweiz vordringen. Zu dieser Zeit herrscht als Kaiser Valerian (253 - 260). Er ist ganz mit den Kämpfen im Osten des Römischen Reiches beschäftigt und beauftragt seinen Sohn Gallienus mit der Verteidigung im Westen. Gallienus kann auch in mehreren Gefechten die Alamannen zunächst hinter den Limes zurückschlagen.

259/260, als sogar Valerian im Osten von den Parthern gefangen war und Gallienus zu schwach zur Verteidigung des Limes war, gibt es für die Alamannen kein Halten mehr durch den Limes. Es gab kaum noch Soldaten zur Verteidigung des Limes; sie wurden meist gebraucht und abgezogen für die Kämpfe im Osten (oder sie starben an der Pest, die die Soldaten schon zur Zeit von Kaiser Marc Aurel von den Kämpfen im Osten mit eingeschleppt hatten). So besetzen die Alamannen die verwaisten römischen Kastelle und die Wachttürme am Limes, vernichten die Siedlungen und die Villa rustica und besetzen das Land bis zum Rhein: Die Überwindung des Limes war um 260 wohl perfekt, auch wenn manche Vorgänge im einzelnen noch nicht ganz klar sind.

(Die bisherige Bevölkerung war wohl zum größten Teil schon geflohen. Darauf deuten auch die vielen Schatzfunde der Archäologen in Verstecken unter den Häusern hin: Vermutlich hatten die Bewohner vor der Flucht in Eile ihre Wertgegenstände vergraben, in der Hoffnung, dass sie bald wieder zurück kommen könnten, wenn sich die Lage beruhigt hätte.)


284 ff: Diocletian, mit dem das Römische Reich wieder in geordneteres und ruhigeres Fahrwasser kam, hat dann die Übernahme des Landes durch die Alamannen als endgültig akzeptiert und die Nordgrenze des Römischen Reiches am Hochrhein ausgebaut (Donau-Iller-Rhein-Limes).
Unklar und in der Forschung umstritten ist es, ob die Besetzung des Landes durch die Alamannen nach 260 evtl. von den Römern sogar förmlich durch Verträge akzeptiert wurde. Aber auch das ändert nichts daran, dass die Zeit der Römer in Südwestdeutschland seit ca. 260 n.Chr. zu Ende ist.


Bis 476 n.Chr.: Es gibt auch nach 260 immer wieder Begegnungen von Römern und Alamannen in Südwestdeutschland: Kämpfe (meist von Gallien aus), auch Verträge, aber keine Besetzung des Limes und des Landes durch die Römer.

Auch gab es immer wieder Abwehrkämpfe der Römer gegen die Alamannen, die mehrfach über den Rhein in das römische Gallien vordrangen, gelegentlich auch in den Süden bis nach Italien. So hat z.B. der später "Konstantin der Große" genannte römische Herrscher in seiner Zeit als "Caesar" seit 306 von Trier aus mehrere Abwehrschlachten gegen die über den Rhein vordringenden Alamannen geschlagen.

[Bild (Briefmarke San Marino 2013): 1700. Jahrestag des "Edikts von Mailand"; Abbildung: Medaillon von 315 mit Kaiser Konstantin in Siegerpose, Landkarte mit dem römischen Reich, Christus-Zeichen]

Im Jahr 476 ist dann das römische Weltreich mit der Absetzung des letzten römischen Kaisers Romulus Augustulus durch den Germanenführer Odoaker insgesamt zu Ende.


Die Zeit der Römer im Neckarland hat so insgesamt etwa 190 Jahre gedauert, von ca. 70 n.Chr. bis ca. 260 n.Chr. (An den Randgebieten des heutigen Baden-Württemberg waren es etwa 85 Jahre mehr.)



3. Literaturhinweis zum Römischen Kaiserreich:

Div.: Rom. Die Geschichte des Kaiserreichs. 27 v.Chr. - 476 n.Chr.
GEO Epoche. Das Magazin für Geschichte. Nr. 54. Gruner + Jahr, 2012

Die Römer in Südwestdeutschland II:
  
(15 v.Chr. - 260 n.Chr.)

Übersicht über den Artikel in dieser Spalte:

4. Die Besetzung Südwestdeutschlands durch die Römer

4.1 Die Bewohner des Landes vor den Römern
4.2 Die Errichtung der Provinz Rätien um 15 v.Chr.
4.3 Die Besetzung des Neckarlandes ab 50 n.Chr. und die Errichtung des Limes.
4.4 Die Errichtung der Kastelle und die Soldaten

5. Die Besiedlung des Landes hinter dem Limes

5.1 Besiedelung durch eine "Mischbevölkerung" seit 75 n.Chr.
5.2 Bau der großen Straßen im Land
5.3 Entstehung von Dörfern und Städten
5.4 Entstehung und Betrieb der Gutshöfe (villa rustica)
5.5 Religionen im römischen Siedlungsland

6. Das Ende der Römerzeit in Südwestdeutschland:
    Die Überwindung des Limes durch die Alamannen

7. Weitere Informationen: Web-Informationen und Literaturhinweise


4. Die Besetzung Südwestdeutschlands durch die Römer:

4.1 Die Bewohner des Landes vor den Römern:

Das Gebiet des heutigen Südwestdeutschland war einige Jahrhunderte von den Kelten besiedelt. Um die Jahrtausendwende war allerdings das Land nur noch sehr dünn besiedelt. Die Kelten hatten sich vermutlich weitgehend aus dem Land zurückgezogen, wohl auch vertrieben durch die gelegentlichen Germanenüberfälle beim Durchzug von Germanengruppen nach Italien. Das Gebiet der heutigen Schweiz wurde zum Rückzugsort für einige Kelten, besonders die keltischen Helvetier.


.4.2 Die Errichtung der Provinz Rätien und des Legionslagers Mainz um 15 v.Chr.:

15 v.Chr.: Im Auftrag des Augustus unterwerfen Tiberius und Drusus die Alpenvölker (keltische Helvetier) bis zur oberen Donau. Die Provinz Rätien wird gegründet. Sie umfasst einen Großteil der heutigen Schweiz und das Voralpenland. Die Nordgrenze Rätiens wird bis zur Donau vorgeschoben. (Das Neckarland gehört zunächst nicht zu den Römern und auch nicht zu Rätien; s. dazu die Karte unten.)

Mainz13/12 v.Chr. wird vermutlich auch von Drusus ein Legionärskastell in Mogontiacum (Mainz) als Brückenkopf in Germanien am Rhein und Main errichtet. [Die Gründung des Legionärskastells gilt als Geburtsstunde der Stadt Mainz. (Sie fand allerdings nicht, wie lange vermutet und auf der Briefmarke suggeriert, 38 v.Chr. statt, sondern etwa 12 v. Chr.)] Drusus starb kurz darauf, 9 v.Chr., in Mogontiacum bei einem Reiterunfall. Zur Erinnerung wurde spätestens 100 n.Chr. der monumentale "Drususstein" errichtet, ein riesiger Kenotaph für den in Rom begrabenen Drusus.

[Bild (Briefmarke BRD 1962): 2000 Jahrfeier der Stadt Mainz; Ausschnitt aus dem Stadtbild von Mainz, mit den Resten des Drusussteins, einem monumentalen Denkmal, Kenotaph, für den "Stadtgründer" Drusus]
[Entwurf der Briefmarke: E. Ege]

Mogontiacum/Mainz liegt ja außerhalb des Neckarlandes. Es spielte aber nach der Errichtung des Limes eine wichtige Rolle als Verwaltungshauptstadt in der Provinz Germania Superior (Obergermanien).


4.3 Die Besetzung des Neckarlandes ab 50 n.Chr. durch die Römer und die Errichtung der verschiedenen Formen des Limes:

LimesDie Besetzung und Besiedelung Südwestdeutschlands erfolgt dann ab 50 n.Chr. in mehreren Phasen (siehe die Karte Obergermaniens):

[Karte (nach Putzgers Historischem Weltatlas): Römer in Südwestdeutschland: Provinzen, Römerstraßen, Limes, Kastelle, Landstädte; blau sind die heutigen Ortsnamen angegeben] [Vergrößerung der Karte durch Anklicken]

Um 50 n.Chr., unter Kaiser Claudius, werden die obere Donau (Hüfingen) und der Rheinübergang (Sasbach) durch Kastelle gesichert. Eine Straße entlang der Donau verbindet die Kastelle.

Um 74 n.Chr., unter Kaiser Vespasian, wird das obere Neckargebiet von den Römern  besetzt. Bau einer Rhein- Donau- Straße von Straßburg über Offenburg nach Rottweil und Tuttlingen. Gründung der Stadt Arae Flaviae (= Rottweil).

Um eine kürzere Verbindung für die Truppenbewegungen von der Donau zum Rhein zu erhalten wird die wichtige Römerstraße von Augsburg nach Mainz gebaut: über Plochingen, Cannstatt, Schwieberdingen, Stettfeld, Heidelberg nach Mainz. (Auf dieser Route, die heute etwa der Bundesstraße 10 entspricht, verläuft später auch die Postroute von Innsbruck nach Mecheln.)

Um 90 n.Chr., unter Kaiser Domitian, wird der Neckarlimes als neue Grenze errichtet. Kastelle werden z.B. in Köngen, Benningen, Walheim, Wimpfen gebaut.
Unter Kaiser Trajan und Hadrian wird dieser Limes weiter ausgebaut und befestigt

Um 150 n.Chr., unter Kaiser Antoninus Pius, wird der Neckar-Odenwald-Limes um etwa 30 km vorverlegt. Der neue Limes folgt keiner natürlichen Grenze sondern er wird schnurgerade durch den Wald gezogen und befestigt. An dem neuen Limes liegen Kastelle (insgesamt werden im Gebiet Südwestdeutschlands 70 römische Kastelle gezählt) und Dörfer, auf deren Gebiet später Städte wie Öhringen, Murrhardt, Lorch entstehen. -
Um 150 n.Chr. wird auch der Rätische Limes auf den Nordhang des Remstals vorverlegt (Aalen).

Limes nennt man den römischen Grenzwall in Germanien, mit Wall und Graben und teilweise mit Steinmauern befestigt; er war durch etwa 1000 Wachttürme und 70 - 100 Kastelle gesichert.

Der Limes sollte die römischen Eroberungen in Obergermanien (das "Dekumatenland" mit den römischen Gutshöfen und Orten) schützen und die kurzen Verbindungsstraßen von der Donau zum Rhein. Dabei hatte der Limes nicht nur militärische Funktionen. Er sollte auch einen geregelten Durchgang des Handelsverkehrs (einschließlich Zollerhebung) ermöglichen.

Der Rätische Limes trifft bei Lorch den Obergermanischen Limes, der über den Main bis zum Rhein bei Neuwied führt.
Viele Städte sind am Ort römischer Kastelle errichtet, z.B. Lorch, Welzheim, Murrhardt, Mainhardt; Cannstatt, Walheim. 

- Weitere Web-Informationen zum Limes und der Limesstraße: http://www.limesstrasse.de


.4.4 Die Errichtung der Kastelle und die Soldaten

In den
Kastellen am Limes wohnten viele Legionen römischer Soldaten, Fußsoldaten und Reitersoldaten. Das vermutlich größte Kastell, Aalen, hatte Platz für ca. 1000 Reitersoldaten, Für den Dienst am Limes war dazu noch eine erheblich größere Zahl von "Auxiliares" angeworben, das waren Hilfstruppen meist aus den eroberten Ländern (z.B. aus Gallien, aus Britannien, oder aus den Provinzen im Osten). Diese Hilfstruppen erhielten nach 20 - 25 Jahren Dienst im Heer das römische Bürgerrecht.
Geht man von 100 Kastellen aus, zu denen jeweils im Durchschnitt für jeden etwa 300 Soldaten und Auxiliares Platz hatten, dann wären bei voller Besetzung etwa 30.000 Soldaten im Land gewesen. (Zu einer Legion gehörten etwa 5000 bis 6000 Mann; 80 Soldaten bildeten eine Centurie, 6 Centurien bildeten eine Kohorte.)

Welzheimer KastellIn Welzheim wurden Teile des kleineren "Ostkastells" ausgegraben und zu einem archäologischen Park gestaltet. Am eindrucksvollsten ist dabei die Rekonstruktion des westlichen Toreingangs mit den beiden Türmen. - Eine beigestellte Übersichtsplastik macht die Lage der Kastelle bei Welzheim deutlich: Es gab noch ein sehr viel größeres zweites Kastell bei Welzheim, das "Westkastell", das aber nicht ganz ausgegraben und gesichert werden konnte. Zwischen den beiden Kastellen lag das Dorf (vicus), das auch fast ganz von der Stadt Welzheim überbaut ist. Die beiden Kastelle liegen am Limes, wobei das Ostkastell merkwürdigerweise und fast einmalig außerhalb des Limes liegt.

[Bild (Foto M. Ebener): Kastell Welzheim: Rekonstruiertes Westtor am Welzheimer Ostkastell, im Vordergrund Übersichtsmodell zur Lage der Welzheimer Kastelle, des Dorfes und des Limes.]



5. Die Besiedelung des Landes hinter dem Limes

5.1 Besiedelung durch eine "Mischbevölkerung" ab 75 n.Chr.

Das Land zwischen Limes und Rhein wird ab etwa 75 n.Chr. zunehmend besiedelt.
Die Siedler, Bauarbeiter, Handwerker, Verwaltungsmitarbeiter u.a. waren dabei - ähnlich wie bei den Soldaten - keineswegs nur Römer, sondern es war wohl eine Mischbevölkerung von Menschen unterschiedlicher Herkunft: Neben Römern, Veteranen des Heeres, Veteranen der Auxiliar-Truppen, auch Händler und Handwerker aus Gallien, wohl auch einzelne Germanen-Gruppen, und Reste der keltischen Vor-Bevölkerung.


5.2 Bau der großen Strassen im Land

Die grossen Strassen (vor allem die Rhein-Donau-Strasse und die Strasse von Augsburg nach Mainz) wurde nach römischem Muster gebaut: Die Strassen waren 7 - 9 Meter breit, mit einer leichten Wölbung in der Mitte und mit Wasserabflussrinnen an den Seiten. Die Strassen hatten einen festen steinernen Unterbau und einen schotterartigen Belag. (Bei Benningen im Kreis Ludwigsburg ist noch ein Stück der alten Römerstrasse konserviert und zu besichtigen.) Die Strassen waren vor allem für die Soldaten geplant, für die Bewegung von Fußtruppen und Reitersoldaten.

Aber auch andere konnten die Strassen verwenden: Landwirte, Händler, Verwaltungsleute, Politiker.
Neuss[In Novaesium (Neuss) wurde eine Grabstele aus dem 1. Jahrhundert gefunden, auf dem ein Roßknecht mit Pferd abgebildet ist - ein Bild vom eher alltäglichen Leben in den römischen Gebieten und auch auf den Strassen.]

[Bild (Briefmarke BRD 1984): 2000 Jahre Stadt Neuss, von den Römern als Novaesium gegründet 16 v.Chr.; Abbildung Roßknecht mit Pferd, Ausschnitt der in Neuss gefundenen Grabstele eines Octatius aus dem 1. Jahrhundert]
[Entwurf der Briefmarke: Rolf Lederbogen]


Es gab auf den Strassen Meilensteine mit Entfernungsangaben bis zu einem nächsten Ort. (Solche "Leugensteine", so genannt nach dem keltischen Entfernungsmass, der Leuge, wurden öfter gefunden bei archäologischen Ausgrabungen.)
An diesen Strassen gab es auch eine Art Postdienst zur Überbringung von Botschaften. Und es gab Rasthäuser und wohl auch Stationen zum Pferdewechsel.


Peutinger-Tafeln
Und es gab zur Orientierung wohl auch Landkarten mit den wichtigsten Bergen und Flüssen und Strassen, auch mit den wichtigsten Orten. Solche Karten könnten ausgesehen haben wie die berühmten Peutinger-Tafeln einer römische Weltkarte von 250 n.Chr., die der Augsburger Stadtschreiber Peutinger aufbewahrte, wenn auch nur eine im 12. Jahrhundert entstandene Kopie)

[Bild (Marke Italien, 2000): Auszug aus der Kopie einer römischen Weltkarte von 250, die als Tabula Peutingeriana bekannt wurde]


5.3 Entstehung von Dörfern und Städten

Bei den Kastellen entstehen Kastell- Dörfer, die auch für die Verpflegung und Versorgung der Soldaten gebraucht werden. Es entstehen Land-Dörfer und Landstädte mit Handwerkern und Händlern.

Die für die Römer so wichtigen Bäder werden gebaut (Baden-Baden, Badenweiler, Heidenheim). Es entstehen Verwaltungseinheiten, civitates mit Verwaltungsstädten. In diesen Verwaltungsstädten werden auch Handelshäuser gebaut; religiöse Gebäude werden errichtet, und natürlich auch öffentliche Bäder. Die Civitas Sumelocenna (=Rottenburg) ist eine der größten Verwaltungsstädte.
Als Stadt im Vollsinn, municipium, wird im Land zwischen Limes und Rhein nur eine bezeichnet: Arae Flaviae, an der Stelle des heutigen Rottweil.


.5.4 Entstehung und Betrieb der Gutshöfe (villa rustica)

Vor allem entstehen viele Gutshöfe (= villa rustica), von denen aus das Land bebaut wird. Auch sie waren vor allem für die Versorgung der Soldaten notwendig.
Kolonisten, vermutlich meist verdiente Kriegsveteranen, erhalten zunächst als Pächter das Land. Über 1300 solcher Gutshöfe sind bis heute gefunden worden; Schätzungen gehen von etwa 5000 solcher Gutshöfe aus. Nach Schätzungen lebten in jedem dieser Gutshöfe etwa 50 Personen (mit dem gesamten "landwirtschaftlichen Personal"). Rechnet man diese Zahl auf die Gesamtzahl der Gutshöfe hoch, so ergäbe das bei 5000 Gutshöfen etwa 250.000 Menschen.

Die Gutshöfe liegen vor allem in den fruchtbaren Löss-Gebieten des Neckartals und im Rheintal, und sie sind meist in der Nähe der Verkehrsstraßen, auch der Wasserstraßen wie Enz oder Neckar von den Siedlern gebaut.

Villa RusticaDie ersten Gutshöfe, die noch im 1. Jahrhundert entstanden, wurden noch aus Holz errichtet. Aber bald setzten sich Steinbauten durch; es entstanden die charakteristischen Landhäuser mit dem Hauptgebäude mit einem Säulen-Portikus in der Mitte, hervorragenden Risaliten an den Ecken, verschiedenen Kellergewölben, dazu ein Bad, natürlich, Nebengebäude für die Lagerung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und evtl. für das Vieh; das ganze von einer Mauer eingezäunt.

[Bild (Foto M. Ebener): Teilweise rekonstruiertes und in einen Park eingebautes römisches Landgut bei Enzberg/Mühlacker. Auf dem Bild ist auch noch die Größe des Haupthauses zu erahnen; mit etwa 42 m Länge hatte es beträchtliche Ausmasse]

Durch archäologische Funde ist ziemlich gut bekannt was von den Landwirten der Landhäuser auf den Feldern angebaut wurde: Die ganze Vielfalt der Getreidearten (übrigens sehr ähnlich unseren heutigen), von Obst und welches Gemüse.

WeinbauUnklar und umstritten ist bisher, ob auch der Weinbau bereits in der römischen Zeit in Südwestdeutschland eingeführt wurde. Sicher ist, dass Wein bekannt war und getrunken wurde (s. dazu etwa den Römischen Weinkeller, der in Oberriexingen ausgegraben wurde). Aber es dürfte sich meist wohl um importierten Wein gehandelt haben, entweder aus Italien oder von Rhein und Mosel. Dass an Rhein und Mosel der Weinbau von den Römern schon seit Anfang des Jahrtausends eingeführt wurde ist unbestritten. Für den Weinbau in Südwestdeutschland in der Römerzeit gibt es bisher als sehr vagen "Beweis" fast nur ein Gerät, das man als Rebmesser deuten könnte, das man beim heutigen Lauffen gefunden hat.

[Bild (Briefmarke BRD, 1980): Zwei Jahrtausende Weinbau in Mitteleuropa, eingeführt von den Römern; Anbau, Ernte und Veredelung des Weines, Holzschnitte aus dem Lehrbuch "Rurelia commoda" von Petrus de Crescentiis (1309)]
[Entwurf der Briefmarke: Poell]

 


5.5 Religionen im römischen Siedlungsland

Die Römer hatten ihre Religionen mit ins Land gebracht; dafür gibt es viele archäologische Belege. Die traditionellen römischen Götter mit Jupiter an der Spitze und ihre religiösen Riten spielten offenbar eine große Rolle, sowohl bei den Soldaten als auch bei den Siedlern. Auf den meisten Gutshöfen stand in der Mitte des Hofes eine Jupiter-Giganten-Säule, auf der auch noch viele andere Götter abgebildet waren.

Daneben gab es neue Religionsformen, von denen der vor allem bei Soldaten beliebte Mithras-Kult besonders auffällig war. (Ein Mithrasheiligtum wurde z.B. auf der Ottmarsheimer Höhe bei Mundelsheim im Kreis Ludwigsburg 1989 bei Bauarbeiten entdeckt und restauriert.)

[Spuren christlicher Gemeinden oder christlicher Riten wurden bisher nicht gefunden, was überraschend ist. Denn in der Zeit der römischen Besetzung des Landes, in den ersten 3 Jahrhunderten nach Christus, breitete sich das Christentum im römischen Weltreich mit erstaunlicher Geschwindigkeit aus, es erfasste an anderen Stellen Soldaten und Bauern, Beamte und Handwerker. So gab es im 3. Jahrhundert eine christliche Gemeinde in Augsburg, der Hauptstadt Rätiens. Und es gab wohl auch schon eine christliche Gemeinde in Konstanz. Aber offenbar nicht im Land am Limes.]



6. Das Ende der Römerzeit in Südwestdeutschland: Die Überwindung des Limes und die Besetzung des Landes durch die Alamannen

s. dazu in der linken Spalte die Kurzbeschreibung zum
3. Jahrhundert mit Caracalla, Severus Alexander, Maximinus Thrax, Gallienus u.a.
und der Überwindung des Limes durch die Alamannen bis 260 n.Chr.

Als die Alamannen das Neckarland besetzten haben sie nicht die Zivilisation der Römer einfach übernommen und fortgesetzt. Es erfolgt ein starker Kulturbruch: bei der Baukultur, der Kultur der Gutshöfe, der Wohnkultur und der Landwirtschaft, der Siedlungskultur. Ihre Wohnsiedlungen errichteten die Alamannen selten in den noch vorhandenen Restdörfern der Römer, sondern an neuen Orten (z.B. auf dem Runden Berg bei Urach); die Villae Rusticae wurden kaum von den Alamannen bewohnt.

Immerhin gibt es Belege dafür dass die Alamannen die vorhandenen römischen Gebäude wenigstens als Steinbruch oder für Materiallager nutzten. Ein Beispiel dafür bieten die Ausgrabungen eines römischen Landguts in Wurmlingen (bei Tuttlingen), bei denen man fand, wie die Alamannen in den Resten eines römischen Badehauses einer Villa Rustica einen Getreidespeicher eingebaut haben.



7. Weitere Informationen und Quellen:

7.1: Weitere Web-Informationen:

- Weitere Web-Informationen zu den Römern in Süddeutschland: 

http://www.lateinforum.de/roemer.htm

- Weitere Web-Informationen zu den Römer-Museen in Hechingen, Rottweil, Rottenburg, Walheim, Köngen:
http://www.bawue.de/~wmwerner/dtsch/archl_d2.html

- Weitere Web-Informationen zum großen Reiterkastell Aalen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kastell_Aalen

 

7.2: Literaturhinweise zu den Römern in Südwestdeutschland:

- Nina Willburger: Unter römischer Herrschaft. Artikel (S. 81ff) im Katalog des Landesmuseums Württemberg, Stuttgart, zur Neupräsentation 2012: Legendäre Meisterwerke. Kulturgeschichte(n) aus Württemberg. Theiss-Verlag 2012

- Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. Römerstätten und Museen von Aalen bis Zwiefalten. Theiss-Verlag, 2005

- Philipp Filtzinger: Artikel Römerzeit [mit den Abschnitten: Die Eroberung Südwestdeutschlands / Der rechtsrheinische Limes / Besiedlung, Verwaltung, Kultur und Religion im Limesgebiet / Verlust des Limesgebiets und spätrömische Zeit]
im "Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte" Band 1,1: Von der Urzeit bis zum Ende der Staufer, dort S. 131ff.  Klett-Cotta 2001

- Hans Ulrich Huber: Zeitenwende rechts des Rheins - Rom und die Alamannen. Artikel (S. 59ff) im Katalog/ Begleitband zur Ausstellung "Die Alamannen" 1997/1998 in Stuttgart, Zürich und Augsburg. Hrsg. Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Stuttgart 1997

- Dieter Planck: Die Römer in Baden-Württemberg. Artikel (S. 37ff) im von R.Rinker und W. Setzler herausgegebenen Sammelband "Die Geschichte Baden-Württembergs". Theiss-Verlag 1986

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© Manfred Ebener / E-Mail-Kontakt: info@manfred-ebener.de / Lexikon Geschichte Baden-Württemberg: Römer in Südwestdeutschland / letzte Änderung: 14.11.2020

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